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DIE PROJEKTION DES NATIONALSTAATS IN DIE FRÜHGESCHICHTE. ETHNISCHE INTERPRETATIONEN IN DER ARCHÄOLOGIE

Germana


DIE PROJEKTION DES NATIONALSTAATS
IN DIE FRÜHGESCHICHTE.
ETHNISCHE INTERPRETATIONEN
IN DER ARCHÄOLOGIE



Ethnische Identitäten sind in letzter Zeit wieder verstärkt in den Blickwinkel der Archäologie geraten.[1] Dafür lassen sich einerseits heutige politische Entwicklungen verantwortlich machen. Andererseits hat die Methodenentwicklung des Faches zu einer Renaissance dieser Fragestellung geführt. Die erkennbaren heuristischen Defizite der naturwissenschaftlich und vorwiegend wirtschaftsgeschichtlich orientierten new archaeology verlangten nach einem Ausgleich. Die postprocessual archaeology oder contextual archaeology bemühen sich um einen hermeneutischen Zugang, indem archäologische Artefakte in ihrem Kontext analysiert und daraus auf die (symbolische) Bedeutung der Gegenstände geschlossen wird. Daß hier die Gefahr von Zirkelschlüssen nicht ganz fern liegt, braucht kaum eigens erwähnt zu werden.

Ethnische Interpretationen archäologischen Materials, spätestens seit der Anerkennung von Bodenfunden als historische Zeugnisse unternommen, haben zu zahllosen und hitzigen Diskussionen geführt. Deshalb sei zunächst kurz auf die Rolle ethnischer Interpretationen im nationalen Diskurs eingegangen[3], bevor ihre Systematik erläutert wird. Anschließend geht es um die Herkunft der zugrundeliegenden Homogenitätsvorstellungen in den beteiligten Wissenschaftsdisziplinen. Den letzten Abschnitt bildet eine Erörterung der methodischen Probleme, denen sich die Suche nach ethnischen Identitäten anhand archäologischer Quellen gegenübersieht.

Ethnische Interpretationen im nationalen Diskurs
des 19. und 20. Jahrhunderts

Die Anfänge "vaterländischer Altertumskunde" im frühen 19. Jahrhundert lagen besonders dort, wo die Nachbarschaft unterschiedlicher Völker durch die sie unterscheidenden Sprachen unmittelbar auffiel und dadurch auch im Alltag bewußt wurde, wo erhebliche Bevölkerungsverschiebungen in Antike und Mittelalter belegt waren, und wo politische Konfliktlinien verliefen. Im Südwesten und in den östlich von Elbe und Saale liegenden Gebieten Deutschlands begaben sich engagierte Dilettanten auf die Suche nach den Hinterlassenschaften ihrer "nationalen" Vorfahren.[4]

In Südwestdeutschland stritt man um den germanischen, keltischen oder römischen Charakter der Altertümer. "Um diese Widersprüche zu versöhnen und alle Parteien zu befriedigen, entschied sich der Historische Verein von Schwaben in Neuburg dahin, daß, wegen der verschiedenen römischen Münzen und Gefäße Nordendorfs, ein Theil der dortigen Todten als Römer, ein anderer Theil, in Bezug auf die Bronzegeräthe, als keltische Ureinwohner (?) und ein dritter Theil mit Rücksicht auf die Zeitepoche, als alemannische Sieger möchten betrachtet werden können. Es scheint, daß, wenn ein slavischer Gelehrter an der Diskussion sich betheiligt hätte, auch noch für slavische Gäste unter den geduldigen Todten Raum wäre gefunden worden" (Abb. 1).[5]

Östlich der Elbe lautete die entscheidende Frage: germanisch oder slawisch?[6] Dahinter stand die Absicht, durch die Zuordnung zu Kelten, Germanen oder Slawen nicht nur Altertümer zu sammeln, sondern zu Erkenntnissen zu gelangen, die "auch in historischer Hinsicht bedeutsamer werden und von Seiten derer, welchen derartige Studien und Bestrebungen bis jetzt nicht wichtig genug schienen, eher Anerkennung erwerben". Deshalb sei "es hohe Zeit den Muth zu fassen, das germanische vom slawischen zu trennen und den Versuch zu wagen, einen antiquarischen Gegenstand [...] entweder keck als germanisch oder als slawisch zu benennen".

Abb. 1. Titelblatt der Publikation der Gebrüder Lindenschmit über das merowingerzeitliche
Gräberfeld von Selzen, Kr. Mainz-Bingen.

Viel Erfolg war den Antiquaren zunächst nicht beschieden. Das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg und das Römisch-Germanische Zentralmuseum in Mainz, beide 1852 aus privaten Sammlungen entstanden, brauchten Jahrzehnte, bis ihnen feste öffentliche Zuschüsse eine sichere Perspektive eröffneten. Im "imperialen Zeitalter" erlangte die prähistorische Archäologie allmählich größere öffentliche Aufmerksamkeit und politische Relevanz. Dazu trugen Heinrich Schliemanns publikumswirksame Grabungen, die in nationaler Konkurrenz im Orient unternommenen Grabungen und die Unternehmungen der Reichs-Limeskommission wesentlich bei. Die Bedeutung der nationalen Vorgeschichte zeigt sich u. a. am Hermanns-Denkmal (1875) un 20420c220u d der Vercingetorix-Statue (1865). Gustaf Kossinna (1858-1931) stieß mit seinen germanophilen Vorstellungen genau in dieses aufgeheizte Klima und bot ein passendes Paradigma, das nationale Fundament in der Vorgeschichte zu gründen.[8] Rudolf Virchow kommentierte diese Versuche aus politischen und methodologischen Gründen folgendermaßen: "Bei der Frage der Nationalität hört eigentlich alles regelrechte Fragen auf [...], und es hat die ganze Zeit des Jahrhunderts nicht ausgereicht, um alles das zu zerstören, was aus törichter Auffassung der Meinungen allmählich aufgebaut war".

Tatsächliche oder vermeintliche ethnische "Kontinuitäten" konnten seit dem späten 19. Jahrhundert für tagespolitische Gebietsansprüche herhalten - so für die "Begründung" der Annexion Elsaß-Lothringens 1870, für die Postulierung eines jahrhundertelangen "deutschen Drangs nach Osten" und das daraus abgeleitete "Recht" auf polnischen Boden, und schließlich auch beim Streit zwischen Bolko v. Richthofen (1899-1983) und Józef Kostrzewski (1885-1969) um "urpolnisches" oder "urgermanisches" Land an Warthe und Weichsel.[10] Gleichartige Versuche lassen sich über 1945 hinaus bis heute finden. Diese politische Instrumentalisierung stellte nicht nur einen "Mißbrauch" wissenschaftlicher Ergebnisse dar, sondern lag gelegentlich auch in der Absicht der entsprechend argumentierenden Archäologen, die sich davon öffentliche Aufmerksamkeit versprechen mochten; Gustaf Kossinna ist hierfür nur ein bekanntes Beispiel. Mit der Archäologie und ihren Quellen schien sich die Möglichkeit zu bieten, die Entwicklung der als historisch zentral angesehenen "Völker" über die Reichweite schriftlicher Quellen hinaus bis zu den "allerersten Ursprüngen" zu verlängern.

"Systematik" ethnischer Interpretation

"Ethnische Interpretation" heißt im Wesentlichen, archäologische Funde mit "Völkern" oder "Stämmen" zu identifizieren, die aus schriftlichen Quellen bekannt sind. Darüber hinaus läßt sich jede Identifizierung von "Kulturgruppen" mit "konkrete[n] historische[n] Gemeinschaften in Zeit und Raum" so bezeichnen, auch wenn deren Name nicht bekannt ist ("Bandkeramik", "Prag-Korčak-Gruppe") oder ein wissenschaftliches Konstrukt ("Indogermanen") darstellt. Das "ethnische Paradigma" erscheint bei näherem Hinsehen nicht als ein einfaches Modell, sondern als recht komplexe Materie. Dabei handelt es sich um Probleme wie die Zuweisung von Siedlungsräumen (1), die Verbindung kultureller und ethnischer Kontinuitäten (2), Ethnogeneseprozesse (3), den Nachweis von Wanderungen (4), das Aufspüren von Fremden und "Minderheiten" (d. h. die innere "ethnische Struktur" bzw. Zusammensetzung von Bevölkerungen) (5). Zwar stehen diese Aspekte in enger Verbindung miteinander, doch erleichtert ihre analytische Trennung die Musterung des methodischen Instrumentariums der Archäologie (Abb. 2).

Abb. 2. Systematik der "ethnischen Deutung". Die Vielzahl der Versuche, archäologisches Material "ethnisch" zu interpretieren, läßt sich auf fünf Grundmuster zurückführen. Den Ausgangspunkt bildet die Gleichsetzung von Kultur und Ethnos. Von dort aus gelangt man über Kontinuitäten zu Ethnogenesen bzw. in
umgekehrter zeitlicher Richtung über Wanderungen zur Ermittlung von Fremden.

Diese fünf systematischen Aspekte lassen sich in eine (durchaus imaginäre) zeitliche Ordnung bringen, d. h. auf einer Zeitachse nacheinander anordnen. Ausgangspunkt ist die Identifizierung von "Ethnos" und "Kultur" - zu einer bestimmten Zeit und in einem bestimmten Raum. Im zeitlichen Zurückschreiten würden kulturelle und ethnische Kontinuitäten solange verfolgt, bis man bei der Genese von "Kultur" und "Ethnos" angelangt ist. In umgekehrter Richtung, in der Beobachtung zeitlichen Voranschreitens bedeutete kulturelle Ausstrahlung aus dem festgestellten "Ursprungsgebiet" zugleich Ausdehnung ("Expansion") bzw. Wanderungen sowie schließlich die Feststellung "fremder" Individuen in einer ethnisch und damit auch kulturell andersartigen Umwelt oder die Beschreibung ethnisch heterogener Gesellschaften (z. B. "Romanen" und "Germanen" im spätantik-frühmittelalterlichen Westeuropa). Allerdings läßt sich diese Unterscheidung nur systematisch durchhalten, denn beispielsweise können Wanderungen auch zu (neuen) Ethnogenesen führen.

Eine weitere Möglichkeit der "Systematisierung" besteht darin, methodische Varianten der ethnischen Interpretation zu unterscheiden. Die Art und Weise, wie archäologisches Material interpretiert wird, besitzt eine größere Spannweite - von einer "kompletten" archäologischen Kultur[16] über ein Bündel "wesentlicher" Kulturelemente (Siedlungsformen, Bestattungsformen) bis hin zu einer einzelnen Form wie einem bestimmten Fibeltyp. Dabei läßt sich keine systematische Anwendung verschiedener theoretischer Modelle beobachten, sondern eher eine flexible Bevorzugung jener Variante, die auf den jeweiligen Einzelfall anscheinend "paßt". "Archäologische Kulturen" werden meist mit Großgruppen wie Kelten (Latène-Kultur), Germanen (Jastorf-Kultur) oder Slawen in Verbindung gebracht, einzelne Typen mit "Stämmen" oder "Stammesverbänden" (Franken, Alemannen, Goten) oder auch mit Individuen in einem kulturell "fremden" Milieu. Auf "ethnische Symbole", wie sie - ungeachtet des Realitätsgehalts der Beschreibungen - bei antiken und mittelalterlichen Autoren gelegentlich genannt werden (der "keltische" Torques, der "suebische" Haarknoten, die "fränkische" Franziska, der "sächsische" Sax), wird dabei im allgemeinen kaum Bezug genommen. Es werden vielmehr einzelne oder mehrere Kultur-Elemente als mutmaßliche "Symbole" angesehen.

Die nationalstaatliche Fiktion der Homogenität

Was sind die methodischen Prämissen "ethnischer Interpretation"? Um Sachkultur und Ethnos miteinander parallelisieren zu können, müssen beide prinzipiell als nach innen (weitgehend) homogen und nach außen als distinkt angesehen, d. h. konzeptualisiert werden. Denn nur wenn alle oder doch zumindest die große Mehrzahl der "Angehörigen" einer ethnischen Gruppe dieselbe Sachkultur besitzen, erscheint eine Identifizierung beider Ebenen möglich. Anders und nur wenig vereinfacht ausgedrückt: Alle Mitglieder einer Gesellschaft kleiden sich auf dieselbe Weise, bauen die gleichen Häuser und bestatten ihre Toten auf dieselbe Art. Sie sprechen außerdem dieselbe Sprache, die hier als dritte Ebene eingeführt sei. Zwar gehört die Sprache letztlich zur Kultur, doch wird sie häufig gesondert betrachtet ("Sprachgruppen") und ist Gegenstand einer eigenen Disziplin, der Linguistik. Und schließlich ist als vierter Aspekt noch die physische Anthropologie anzuführen, ob damit die seit längerem obsoleten "Rasse"-Konzeptionen oder neuere (wohl überspannte) Erwartungen hinsichtlich von DNA-Analysen gemeint sind.[19]

Theoretisch wird also die Kongruenz von Kultur und Volk, Sprache und Rasse vorausgesetzt (Abb. 3). Jede dieser vier historischen "Ebenen" gilt dabei als räumliche und zeitliche "Einheit" (und nicht als Klassifikation der jeweiligen Disziplinen). Diese "Einheiten" müssen sich in ihrer räumlichen Ausdehnung zu einer bestimmten Zeit gleichen, um miteinander verbunden werden zu können. Damit wird zugleich ein "innerer" Zusammenhang dieser Aspekte behauptet - eine gleichförmige, d. h. in gleichen Rhythmen und Räumen ablaufende Entwicklung. Dieses "Modell" kann sich auf nahezu alle "ethnischen Identitäten" und Selbstbilder berufen. Stets behaupten ethnische Gruppen, eigene Kultur und eigene Sprache, eigenes Recht und eigene Abstammung, eigene Vergangenheit und eigene Mythen zu besitzen - Kennzeichen, die allen Mitgliedern gemeinsam sind und diese von Nachbarn sowie anderen Gruppen grundsätzlich unterscheiden.[20]

Angesichts der Entstehung und Etablierung der prähistorischen Archäologie im 19. und frühen 20. Jahrhundert überrascht es nicht, daß sich das "ethnische Paradigma" auf Vorstellungen von "modernen" Nationalstaaten zurückführen läßt. Die Französische Revolution postulierte das Ideal einer Nation von freien und gleichen Bürgern. Bereits im 18. Jahrhundert hatten die realen Erfordernisse der entstehenden modernen Staatsverwaltungen zu Bestrebungen geführt, möglichst alle (männlichen) Untertanen über Steuern, Militär und Schule zu erreichen und zu erfassen.[21] Zwar entwickelte sich daraus auch ein Bedarf an legitimierenden Vorstellungen und politischen Konzepten, doch war der Nationalismus eher eine Antwort auf Modernisierungskrisen und Revolutionen.

Abb. 3. Romantische Auffassung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, Kultur, Volk, Sprache und "Rasse" seien jeweils homogene und nach außen scharf geschiedene, einander kongruente Totalitäten. Denkbar wäre eine solche Konstellation allenfalls in einer stark isolierten Inselsituation ohne äußere Kontakte. Für nahezu alle historisch bekannten Situationen erweist sich dieses Bild als völlig unzutreffend, denn Kulturen bzw. Gesellschaften existieren nie in der Isolation von ihren Nachbarn. Die sich daraus ergebenden Beziehungen haben unscharfe Grenzen zur Folge. Verschiedene Bereiche bzw. Ebenen des Austauschs tragen zur diffusen
  Abgrenzung bei.

Die romantische "Entdeckung" des "Volkes" seit dem Ende des 18. Jahrhunderts stellte Ursprünglichkeit, Wesen ("Volksgeist") und Reinheit dieses zu einem Leitbegriff der Politik und der historischen Disziplinen avancierenden Subjekts heraus. Volk oder Nation vermochten als kulturelle Strategien "starke zentripetale und integrative Vergesellschaftsungseffekte" zu erzielen.[23] Prägend wurde die Vorstellung, jedes Volk (bzw. jede Nation) bedürfe zu seiner (bzw. ihrer) vollen und unbehinderten "Entfaltung" eines eigenen Staates - mit einer Kultur, einer Sprache und einer Abstammung. Vielvölkerstaaten wie Österreich-Ungarn oder die Sowjetunion konnten dem daraus resultierenden politischen Druck auf die Dauer nicht standhalten und zerfielen schließlich. Die Emphase, mit der die (kulturelle, sprachliche und ethnische) Homogenität der Nationalstaaten beschworen wurde, die zunehmende Schärfe ethnischer Konflikte und Minderheitenprobleme sowie die Existenz von Vielvölkerstaaten zeigen deutlich, daß homogene Staatsvölker keinesfalls die Realität darstellten. Die Identifizierung von Volk und Staat war ein politisches "Ideal", und es dauerte geraume Zeit, bis politische Grenzen auch zu sprachlichen, kulturellen oder ethnische Abgrenzungen führten.

Die bis heute aktuelle Existenz von ethnischen Minderheiten(-problemen) läßt erkennen, daß selbst moderne Staaten trotz deren umfassender Administration und Machtmittel höchstens in Ausnahmefällen ethnisch homogen sind. Für ältere Zeiten erscheinen homogene Gruppen, seien sie ethnischer, kultureller, sprachlicher oder biologischer Art, deshalb noch unwahrscheinlicher. Denn - darauf ist außerdem hinzuweisen - ethnische Identität zielt darauf, eine in sich sozial differenzierte Gesellschaft nach außen mithilfe eines einzigen Merkmals - nämlich der (ethnischen) Zugehörigkeit[26] - als homogen und abgeschlossen erscheinen zu lassen. Die Homogenität bzw. Identität von Gesellschaften erweist sich damit als bloße Behauptung, die sowohl nach innen als auch nach außen gerichtet ist (Inklusion und Exklusion). "Nationale Identität" verdrängte im 19. Jahrhundert zunehmend ältere, in Auflösung begriffene Bezugsgrößen oder Identifikationsmuster - regionale Zugehörigkeit, religiöses Selbstverständnis, monarchisches Politikmodell -, denen nun allenfalls noch sekundäre Bedeutung zugestanden wurde. Die Nation bzw. das Volk wurde zur allumfassenden, alle anderen Zugehörigkeiten überwölbenden höchsten Instanz.

Daß diese nationalstaatlichen Konzeptionen auch vielen archäologischen Modellen zugrundeliegen, läßt sich meist nur durch eine Analyse des methodischen Vorgehens erkennen. Denn oft handelt es sich um latente, implizite Annahmen, die nicht weiter ausgeführt und erläutert werden. Nur selten scheinen sie unmittelbar durch, so wenn beispielsweise von einer "national-gotischen Tracht"[30] und "national-langobardischen Bügelfibeln" ausgegangen wird, "national-spezifische Bügelfibeltrachten" aufgespürt werden, die allerdings bei Burgundern und Bajuwaren nicht zu entdecken seien, "Germ[anen] fr[än]k[ischer] Nationalität" beschrieben werden oder man voraussetzt, daß zwei "germanischen Fibeln [...] die Nationalität der Besitzer" abzulesen sei. Diese Konzepte der frühmittelalterlichen Archäologie gehen vor allem auf Hans Zeiß (1895-1944) und Joachim Werner (1909-1994) zurück.

Methodische Probleme ethnischer Interpretationen

Abgesehen von politischen Implikationen, gab es Probleme mit "ethnischen Interpretationen", solange man sich um entsprechende Identifizierungen bemühte. Wenn beispielsweise in den 1830er Jahren die "besseren" mit Bronzeschmuck und -waffen ausgestatteten (bronzezeitlichen) Gräber östlich der Elbe als "germanisch" bezeichnet wurden, um sie von den "kümmerlich" erscheinenden, "slawischen" (eisenzeitlichen) Bestattungen zu unterscheiden,[36] erhob sich baldiger Widerspruch. Natürlich hätten auch die germanischen Altvorderen schon das Eisen gekannt! Von gleicher Qualität waren die Argumente, wenn es um die Zuordnung der jungsteinzeitlichen Pfahlbauten zu den Kelten oder den Germanen ging. Häufig vermischten sich dabei ethnische und chronologische Argumentationen.

Einander widersprechende ethnische Interpretationen haben ihre Ursache nicht in unterschiedlichen methodischen Ansätzen. Sie resultieren aus der Methode selbst, d. h. der zugrundeliegenden Voraussetzung homogener und distinkter Gruppen. Problematisch ist der Ausgangspunkt selbst - die angenommene Kongruenz und Synchronität ethnisch-politischer und kultureller, sprachlicher und biologischer Grenzziehungen. Hans Jürgen Eggers (1906-1975) betonte, daß der "Kardinalfehler der 'Methode Kossinna' [...] in der Fragestellung" liegt.[39] Andere kritische und grundsätzliche Erörterungen, wie z. B. die bekannte Heidelberger Akademieschrift Ernst Wahles (1889-1981), vermochten nicht, sich aus dem einmal abgesteckten Interpretationsrahmen zu befreien.

"Archäologische Kulturen", Bestattungskreise und Typendefinitionen bilden einstige Realitäten nicht unmittelbar ab; sie sind wissenschaftliche Kategorisierungen. In einem kulturellen Kontinuum werden Abgrenzungen vorgenommen, um das Material zu ordnen und anschließend interpretieren zu können.[41] Da sich die einzelnen Elemente und Bereiche der Sachkultur oft unabhängig voneinander entwickeln und verbreiten, entsteht ein diffuser "Flickenteppich" kultureller Merkmale. David Leonhard Clarke (1937-1976) hat zu dessen Beschreibung ein "polythetisches Kulturmodell" entworfen (Abb. 4). Räumliche Abgrenzungen bleiben angesichts dessen letztlich (in gewissen Grenzen) stets "willkürlich", hängen sie doch von der Auswahl der herangezogenen Merkmale ab. Fast immer lassen sich auch andere Grenzziehungen begründen, wie sich an den Diskussionen über den "Inhalt" verschiedenster archäologischer Kulturen zeigen läßt (z. B. Latène- oder Jastorf-Kultur; Abb. 5). Die Definition "archäologischer Kulturen" ist meist recht einseitig auf die räumliche Dimension ausgerichtet und vernachlässigt die zeitlichen Veränderungen, die in der historischen Perspektive ausschlaggebend sind. Der Blick auf Veränderungen und Entwicklungen betont dagegen die fließenden Übergänge und läßt "Kulturen" nicht mehr als geschlossene Systeme erscheinen.

Abb. 4. Drei alternative Konzepte "archäologischer Kulturen". Zugrunde liegen jeweils unterschiedliche Auffassungen, wie Kulturen räumlich abzugrenzen sind. - Links: Kulturen werden als distinkt und homogen begriffen; sie stoßen wie Billardkugeln aneinander. Mitte: Kulturen besitzen einen Kern mit der größten Merkmalsdichte; zur Peripherie hin nehmen die charakteristischen Merkmale konzentrisch ab. Rechts: Kulturelemente sind sehr unterschiedlich verteilt; die Abgrenzung von archäologischen Kulturgruppen aus diesem
kulturellen Kontinuum bleibt eine wissenschaftliche Klassifikation (nach Clarke [wie Anm. ], 246 Abb. 53).

Für die Klassifikationen anderer Disziplinen gilt entsprechendes. Sprachgruppen sind kategorisierende Einteilungen innerhalb eines sprachlichen Kontinuums[45], die bestimmte "Isoglossen" heranziehen und andere unberücksichtigt lassen. Erst scharf gezogene politische Grenzen der modernen Nationalstaaten bewirkten sekundär auch eine sprachliche Abgrenzung, die Angleichung der Sprachräume an die Siedlungsgebiete. Das bedeutete eine sprachliche Homogenisierung nach innen und eine Abgrenzung nach außen. Die Unterscheidung zwischen "Sprache" und "Dialekt" ist relativ und stellt weniger eine linguistische als eine politische Entscheidung dar. Die Anthropologie bzw. Humanbiologie hat sich nach der Verabschiedung des Rassenkonzepts der Populationsbiologie zugewandt, denn "im Sinne biologisch scharf voneinander abgegrenzter Gruppen gibt es tatsächlich keine Rassen". Da biologische Merkmale häufig unabhängig voneinander variieren, handelt es sich bei allen Gruppenbildungen um von der Auswahl abhängige Klassifikationen. Unterschiede zwischen Populationen sind stets quantitativ und nicht qualitativ; sie sind innerhalb von Regionen größer als zwischen ihnen, innerhalb von Siedlungen größer als zwischen verschiedenen Siedlungen, so daß Mittelwerte den Blick auf die Realitäten nur verstellen. Außerdem ist Verwandtschaft zunächst eine soziale und erst in zweiter Linie auch eine biologische Tatsache.

Abb. 5. Keltische Siedlungsgebiete vom 5. bis 1. Jahrhundert v. Chr. Kartiert sind "archäologische Kulturen" (Hallstatt- und Latène-Kultur), antike ethnographische und historiographische Angaben zur "keltischen Expansion" und schließlich Rückschlüsse aufgrund moderner Sprachverbreitungen (Britische Inseln). Die Einbeziehung aller denkbaren historischen, archäologischen und sprachwissenschaftlichen Hinweise vermischt unterschiedliche Aspekte aus verschiedenen Zeiten. Die Abbildung zeigt deshalb nicht die Verbreitung der Kelten (nach Megaw, John Vincent S./Megaw, Ruth: Celtic art. From its beginnings to the
Book of Kells
. New York 1989, 11 Abb. 2).

Was macht - vor diesem Hintergrund - nun ethnische Gruppen aus? Sie berufen sich fast immer auf kulturelle und sprachliche Eigenheiten sowie die Abstammungsgemeinschaft. Es sind Identitätsgruppen, die angesichts der großen Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen mit den Nachbarn - Siedlungs- und Wirtschaftsweise, Gesellschaftsstruktur und Kultur - einzelne ausgewählte Kennzeichen zur Abgrenzung benutzen: einzelne Elemente der Kleidung, von Sprachstilen, Bildungsstrategien und -zielen, der Umgangsformen, der Kommunikationsweisen oder des Habitus. Der "Glaube an die Gemeinsamkeiten"[50] aus der Vergangenheit bildet das einigende Band. Zur Begründung der Abgrenzung werden die ausgewählten Kennzeichen ideologisch überhöht und zu grundsätzlichen Unterschieden gesteigert. Ethnische Identität ließe sich auch als kollektives Bewußtsein der kulturell definierten Zugehörigkeit zu einer politisch und sozial bestimmten Gesellschaft bezeichnen. Dieses Bewußtsein blendet die erheblichen Binnendifferenzierungen von Gesellschaften und die Übereinstimmungen mit anderen aus; es ist eine geglaubte Schematisierung der sozialen Realitäten, zugleich aber nichts weniger als selbst von realer Existenz und Bedeutung.

Ethnische Identitäten sind keine starren, unveränderlichen Konzepte. Sie wandeln sich mit den historischen Umständen und politischen wie sozialen Interessen, so daß mit unterschiedlichen Typen zu rechnen ist. Des Weiteren partizipieren nicht alle Gruppenangehörigen in gleicher Weise an dieser Identität. Es können schichtenspezifische Unterschiede, politische Kristal­lisationskerne und periphere Bereiche mit eher diffusem Zugehörig­keitsgefühl beobachtet werden; dort sind Identitätswechsel relativ unproblematisch und durch rites de passage geregelt. Neben Individuen können auch ganze ethnische Gruppen ihre Identität aufgeben; so war beispielsweise die Identität der Awaren derart auf das Khaganat fixiert, daß dessen Untergang zugleich das "Verschwinden" der Awaren als ethnischer Gruppe bedeutete.[51] Außerdem ist ethnische Identität situationsabhängig. In manchen Situationen wird sie besonders relevant, in anderen wiederum rangieren andere soziale Identitäten (Geschlecht, Familie, Rang, Alter, Profession) an erster Stelle (Abb. 6). Daraus resultiert ein Rollenverhalten der Individuen, die je nach sozialem Kontext in temporärem Wechsel unterschiedliche Gruppenzugehörigkeiten demonstrieren. Von der Situation hängt auch ab, welche Merkmale zur Abgrenzung benutzt werden. Denn wenn in einem Fall sich die Kleidung unterscheidet, sind es in einem anderen vielleicht die Sprache oder die Eßgewohnheiten.


Einen Zugang zu ethnischen Identitäten kann die Archäologie nur dann finden, wenn diese sich (und sei es auch nur mittelbar) materiell niedergeschlagen haben. Bleibt man einmal bei der (oben kritisierten) räumlichen Perspektive, so konkurrieren mit einer ethnischen Interpretation kultur-, sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Erklärungen: Kommunikations­beziehungen und Verkehrsräume, Handel und Gabentausch, Raub und Tribut, Absatzgebiete und Herrschaftsräume, Kleidungs- und Bestattungsformen. Wie läßt sich hier begründet abwägen, welche Interpretation am wahrscheinlichsten ist, wenn es keine universalen Merkmale ethnischer Zugehörigkeit gibt und diese nur in bestimmten Situationen Relevanz gewinnt? Die Archäologie benötigt hier zusätzliche Informationen, an welchen Merkmalen sich ethnische Identität orientierte. Diese Informationen können allein den schriftlichen Quellen entnommen werden, soweit sie zur Verfügung stehen.

Die antiken und mittelalterlichen Quellen kannten keine einheitlichen ethnischen Bezeichnungen. Es lassen sich nicht nur wechselnde und "irrtümliche" Terminologien für uns heute identisch erscheinende Gruppen feststellen, sondern auch die Verwendung seit alters her bekannter Namen für neu auftauchende Gruppierungen. Die "gotischen Völker" galten bis ins späte 3. Jahrhundert ausschließlich als Skythen. Als Skythen wurden Goten, Hunnen, Chazaren, Ungarn, Pečenegen und Kumanen bezeichnet, Alanen, Hunnen, Osttürken und Mongolen als Massageten, Russen als Sarmaten und Tauroskythen, Selğuqen und Osmanen als Perser, Franken als Kelten (Galater) und Germanen, Awaren als Hunnen oder Skythen, Bulgaren als Myser oder Thraker.[54] Die aus moderner Sicht "falschen" Namen beruhen nicht auf Irrtümern oder verzerrten bzw. verzerrenden Vorstellungen der Beobachter, sondern gehen auf die klassifikatorische Absicht der Benennung zurück. Seit langem waren Nomadenvölker aus dem Osten nach Europa eingebrochen, warum sollten es nicht Abkömmlinge desselben Volkes sein, das man mit dem alten Namen zu bezeichnen hatte? Synesios von Kyrene (ca. 370-413) erläuterte seinem Kaiser Arkadios (395-408), daß die Skythen seit Herodots Zeiten dieselben geblieben seien, nur erfänden sie immer neue Namen und verstellten ihr Äußeres. Prokop ersetzte in der Mitte des 6. Jahrhunderts den gebräuchlichen Namen der Skythen durch den der Goten , um das dahinterstehende Konzept weiter nutzen zu können. Dies mag hier an Beispielen genügen, um darauf hinzuweisen, daß auch die Schriftquellen häufig nicht ethnische Identitäten reflektieren, sondern die politische Welt vor allem klassifikatorisch zu ordnen suchten. Deshalb muß in jedem Einzelfall genau geprüft werden, in welcher Weise und vor welchem Hintergrund "ethnische" Bezeichnungen jeweils verwandt wurden.

Das oben entworfene Fünfer-Schema ethnischer Interpretation ist angesichts des dynamischen Charakters von Ethnien und Kulturen sowie der häufig klassifikatorischen Zugriffe (sowohl der Schriftquellen als auch der Wissenschaftsdisziplinen) auf Sand gebaut. Bereits die Identifizierung archäologischer Kulturen mit ethnischen Gruppen läßt sich nicht grundsätzlich voraussetzen. Meist sind es auch keine Ethnien im eigentlichen Sinne, die auf diese Weise ausgemacht werden; Kelten, Germanen und Slawen sind z. B. primär linguistisch definierte Gruppen, die nur in Teilen mit einer archäologischen Kultur in Verbindung gebracht werden können. Die Verfolgung kultureller Kontinuitäten gelingt in nahezu jedem Fall. Doch meist sind verschiedene, zeitlich und räumlich unterschiedlich weit reichende Traditionsstränge zu erkennen, doch welcher wäre als ausschlaggebend anzusehen? Und welcher kulturelle Bruch markiert den Zeitpunkt einer Ethnogenese und welcher nicht? Ähnlich problematisch verhält es sich mit den vieldiskutierten Migrationen. Wie läßt sich begründet zwischen Austauschbeziehungen bzw. Beeinflussungen und der "Wanderung" größerer Gruppen unterscheiden? Wann handelt es sich um "fremde" Individuen, die z. B. durch exogame Heiratsbeziehungen "auswanderten", und wann um Schmuck oder Kleidungsbestandteile, die als Geschenk oder Raubgut, im Tausch oder als "Souvenir" in ein anderes kulturelles Milieu gelangten? Globale Erklärungsmuster müssen hier versagen.

Was bleibt der Archäologie übrig? Der einzig mögliche Zugang zu "ethnischen" und anderen sozialen Identitäten scheint mir in der Identifizierung der jeweils benutzten Symbole zu liegen. Auch dies kann nur einem differenzierten Zugang gelingen, denn Zeichen sind grundsätzlich arbiträr.[59] Ethnische Symbole müssen deshalb ebenfalls der schriftlichen Überlieferung entnommen werden und lassen sich nicht einfach aus dem archäologischen Kontext erschließen. Doch Walter Pohl hat in einer Analyse der einschlägigen Schriftquellen für das frühmittelalterliche Westeuropa deutlich gemacht, daß auch deren Zuverlässigkeit und Eindeutigkeit in dieser Hinsicht sehr zu wünschen übrigläßt. Weder waren die Franziska für die Franken noch der Sax für die Sachsen typisch, nicht allein Langobarden trugen lange Bärte, und auch der von Tacitus beschriebene Suebenknoten dürfte eher ein soziales als ein ethnisches Symbol gewesen sein. Darüber hinaus müßte es sich um materielle Symbole handeln, damit sie sich im Boden erhalten haben. Oft sind es aber der Habitus und das Handeln der Menschen, die ethnische Identitäten in bestimmten Situationen zur Realität werden lassen. Erst dann werden eindeutige Grenzen gezogen, die sich in der Sachkultur gar nicht abzeichnen.

Alternative Erklärungen archäologischer Funde können nicht einem globalen Erklärungsmodell folgen, denn die Sachkultur ist nicht fest an andere kulturelle, soziale, wirtschaftliche oder politische Prozesse gebunden; sie reflektiert diese allenfalls mittelbar. Die Verbreitung von Sachkulturelementen sollte primär einer strukturgeschichtlichen bzw. kulturanthropologischen Perspektive folgen und sozial-, wirtschafts- und kulturgeschichtliche Entwicklungen in den Mittelpunkt stellen, weil dies den archäologischen Quellen und deren Aussagemöglichkeiten entspricht. Eine strukturgeschicht­liche Betrachtung eröffnet Spielräume für verschiedene, auch miteinander konkurrierende Interpretationen von Einzelfällen. Damit gibt die Archäologie keineswegs ihren Anspruch als historische Disziplin auf, denn Geschichte ist weit mehr als die bloße Abfolge politischer Ereignisse. Und schließlich sei darauf hingewiesen, daß ethnische Zugehörigkeiten "im frühen Mittelalter das Leben der meisten Menschen weniger beeinflußt [haben] als andere Formen der Gemeinschaft, in denen diese beheimatet waren".[62] Familie, Alter, Geschlecht und Herrschaft waren die entscheidenden sozialen Bezugsgrößen, die es innerhalb (!) einer Gesellschaft zu berücksichtigen galt (Abb. 7). Ethnische Identität bildete nicht die alles bestimmende Letztinstanz, zu der sie von national(istisch)er Propaganda stilisiert wurde.

Abb. 7. Fränkisches "Paar des 7. Jahrhunderts". Eine solche idealtypische Rekonstruktion präsentiert nur das, was sich eine "Oberschicht" und nicht alle leisten konnten. Darüber hinaus werden die überaus deutlichen regionalen Differenzierungen ausgeblendet. Der so entstehende Eindruck einer überregional einheitlichen "fränkischen Tracht" ist deshalb falsch. Kleidung unterscheidet sich primär nach sozialem Status, Alter und Geschlecht; sie drückt in erster Linie Differenzierungen innerhalb einer Gesellschaft aus (nach Feffer, Laure-
Charlotte/Périn, Patrick Les Francs 2. A l'origine de la France. Paris 1987, 177).



Jones, Siân: The Archaeology of ethnicity. Constructing identities in the past and present. London-New York 1997. - Vorliegender Aufsatz entstand im Rahmen des Teilprojekts C 4 "Ethnische Einheiten im frühgeschichtlichen Europa. Archäologische Forschung und ihre politische Instrumentalisierung" des Freiburger Sonderforschungsbereichs 541 "Identitäten und Alteritäten. Die Funktion von Alterität für die Konstitution und Konstruktion von Identität".

Hodder, Ian: Reading the past. Current approaches to interpretation in archaeology. Cambridge ²1994.

Ausführlicher: Brather, Sebastian: Ethnische Identitäten als Konstrukte der frühgeschichtlichen Archäologie. In: Germania 78 (2000) 139-177, hier 140-149. - Darüber hinaus Trigger, Bruce G.: A history of archaeological thougt. Cambridge 1989.

"Ethnische Interpretationen" sind allerdings älter. Sie setzen bereits im Humanismus ein; Marschalk [Thurius/de Grohenberg], Nicolaus: Annalium Herulorum ac Vandalorum libri septem. Rostock 1521. - Wollf, Cornelia: Die Beschreibung ur- und frühgeschichtlicher Funde in gedruckten Quellen des 15. und 16. Jahrhunderts. In: Bodendenkmalpflege in Mecklenburg-Vorpommern. Jahrb. 42 (1994 [1995]) 191-217, hier 200-204 Abb. 4-5.

Lindenschmit, Wilhelm/Lindenschmit, Ludwig: Das germanische Todtenlager bei Selzen in der Provinz Rheinhessen. Mainz 1848, 30.

Vgl. Büsching, Johann Gustav Gottlieb: Abriss der deutschen Alterthums-Kunde. Zur Grundlage von Vorlesungen bestimmt. Weimar 1824, 10 f.

Klemm, Gustav Friedrich: Handbuch der germanischen Alterthumskunde. Dresden [1835] 1836, 101 Anm. 4; XI. Klemm interessierte sich für die "Deutschen während eines Zeitraumes, wo diese von ihren cultivirten Nachbaren Germanen genannt wurden"; ebd., XIII f.

Veit, Ulrich: Gustaf Kossinna und V. Gordon Childe. Ansätze zu einer theoretischen Grundlegung der Vorgeschichte. In: Saeculum 35 (1984) 326-364. - Brather, Sebastian: s. v. Kossinna, Gustaf. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde² 17. Berlin-New York 2000, 263-267.

Virchow, Rudolf: Meinungen und Thatsachen in der Anthropologie. In: Correspondenzblatt der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte 30 (1899) 80-83, hier 82 f.

Hierzu Żak, Jan: Słowianie i Germanie w prahistorii polskiej i niemieckiej. In: Stosunki polsko-niemieckie w historiografii I. Studia z dziejów historiografii polskiej i niemieckiej. Poznań 1974, 21-149. - Lech, Jacek: Between captivity and freedom. Polish archaeology in the 20th century. In: Archeologia Polona 35/36 (1997/1998) 25-222.

Nationalism, politics and the practice of archaeology. Ed. Philip L. Kohl and Clare Fawcett. Cambridge 1995. - Nationalism and archaeology in Europe. Ed. Margarita Díaz-Andreu and Timothy Champion. London 1996.

Kossinna, Gustaf: Die deutsche Vorgeschichte, eine hervorragend nationale Wissenschaft. Würzburg ²1914 (Mannus-Bibliothek 9).

Hoernes, Moritz: Die Hallstattperiode. In: Archiv für Anthropologie N. F. 3 (1905) 233-281, 238 Anm. 1, befürchtete deshalb von der "'germanischen' Prähistorie [..., daß] der deutsche Stammbaum [...] nächstens bis in die paläozoische Formation zurückverfolgt werden" würde.

Lichardus, Jan: Die Kupferzeit als historische Epoche. Eine forschungsgeschichtliche Einleitung. In: Die Kupferzeit als historische Epoche. Hg. v. Jan Lichardus. Bonn 1991 (Saarbrücker Beiträge zur Altertumskunde 55) 13-32, hier 13.

Ich habe diese "Systematik" an anderer Stelle am Beispiel der Alemannen zu erläutern versucht; Brather, Sebastian: Ethnic identities as constructions of archaeology. The case of the Alamanni. In: Ethnogenesis theory and historical methodology. Ed. Andrew Gillett. Turnhout-York 2002 (Studies in the Early Middle Ages) (im Druck).

Vgl. den methodisch verfehlten Ansatz bei Wendowski, Marlies: Archäologische Kultur und ethnische Einheit. Möglichkeiten und Grenzen der Identifikation. Frankfurt/M. u. a. 1995 (Arbeiten zur Urgeschichte des Menschen 19).

Vgl. die Rekonstruktion der slawischen Einwanderung bei Herrmann, Joachim: Germanen und Slawen in Mitteleuropa. Zur Neugestaltung der ethnischen Verhältnisse zu Beginn des Mittelalters. Berlin 1984 (Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften der DDR 1984, 3/G), oder die Unterscheidung von Franken und Alemannen bei Siegmund, Frank: Franken und Alemannen. Berlin-New York 2000 (Reallexikon der germanischen Altertumskunde², Ergänzungsbd. 23).

Vgl. als Beispiel Koch, Alexander: Bügelfibeln der Merowingerzeit im westlichen Frankenreich. Mainz 1998 (Monographien des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz 41) 535-564.

Vgl. aber die unbesehene Parallelisierung von Sprachentwicklung und biologischer Abstammung bei Cavalli-Sforza, Luigi Luca: Gene, Völker und Sprachen. Die biologischen Grundlagen unserer Zivilisation. München 1999.

Müller, Klaus E.: Das magische Universum der Identität. Elementarformen sozialen Verhaltens. Ein ethnologischer Grundriß. Frankfurt/M.-New York 1987.

Maier, Hans: Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre. ²München 1986.

Wehler, Hans-Ulrich: Nationalismus. Geschichte, Formen, Folgen. München 2001, 18.

Kaschuba, Wolfgang: Volk und Nation: Ethnozentrismus in Geschichte und Gegenwart. In: Nationalismus - Nationalitäten - Supranationalität. Hg. v. Heinrich August Winkler und Hartmut Kaelble. Stuttgart 1993 (Industrielle Welt 53) 56-81, hier 60.

Nationale und kulturelle Identität. Studien zur Entwicklung des kollektiven Bewußtseins in der Neuzeit [1]. Hg. v. Bernhard Giesen. Frankfurt/M. ³1996. - Nationales Bewußtsein und kollektive Identität. Studien zur Entwicklung des kollektiven Bewußtseins in der Neuzeit 2. Hg. v. Helmut Berding. Frankfurt/M. ²1996.

Anderson, Benedict: Die Erfindung der Nation. Zur Karriere eines folgenreichen Konzepts. Frankfurt/M., New York ²1996.

Die Definition der Zugehörigkeit kann sich auf mehrere kulturelle Kennzeichen berufen, die zielgerichtet überhöht und zu grundsätzlichen Unterschieden zu den Nachbarn gesteigert werden.

Niethammer, Lutz: Kollektive Identität. Heimliche Quellen einer unheimlichen Konjunktur. Reinbek 2000, exemplifiziert dies am Beispiel des Begriffs der kollektiven Identität.

Vgl. die Leitbegriffe des in Anm. genannten Freiburger SFB. Inzwischen liegen zwei hier interessierende Bände vor: Grenzgänger zwischen Kulturen. Hg. v. Monika Fludernik und Hans-Joachim Gehrke. Würzburg 1999 (Identitäten und Alteritäten 1). - Wir, ihr, sie. Identität und Alterität in Theorie und Methode. Hg. Wolfgang Essbach. Würzburg 2000 (Identitäten und Alteritäten 2).

Zur Begriffs- und Ideengeschichte Koselleck, Reinhart/Gschnitzer, Fritz/Werner, Karl Ferdinand/Schönemann, Bernd: s. v. Volk, Nation, Nationalismus, Masse. In: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland. Hg. v. Otto Brunner, Werner Conze und Reinhart Koselleck, Bd. 7. Stuttgart 1992, 141-431.

Bierbrauer, Volker: Archäologie und Geschichte der Goten vom 1.-7. Jahrhundert. Versuch einer Bilanz. Frühmittelalterl. Stud. 28, 1994, 51-171, hier 166.

Bierbrauer, Volker: Frühgeschichtliche Akkulturationsprozesse in den germanischen Staaten am Mittelmeer (Westgoten, Ostgoten, Langobarden) aus der Sicht des Archäologen. In: Atti del 6o congresso internazionale di studi sull'alto medioevo, Milano 1978. Spoleto 1980, 89-105, hier 97.

Koch (wie Anm. ) 540.

Ament, Hermann: s. v. Franken II. Archäologisches. In: Reallexikon der germanischen Altertumskunde² 9. Berlin-New York 1995, 387-414, hier 395.

Mączyńska, Magdalena: Die Völkerwanderung. Geschichte einer ruhelosen Epoche im 4. und 5. Jahrhundert. Zürich 1993, 185.

Fehr, Hubert: Hans Zeiss, Joachim Werner und die archäologischen Forschungen zur Merowingerzeit. In: Eine hervorragend nationale Wissenschaft. Deutsche Prähistoriker zwischen 1900 und 1995. Hg. v. Heiko Steuer. Berlin-New York 2001 (Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Ergänzungsbd. 29), 311-415.

Lisch, Georg Christian Friedrich: Andeutungen über die altgermanischen und slawischen Alterthümer. Schwerin 1837.

Giesebrecht, Ludwig: Über die neueste Deutung der norddeutschen Grabalterthümer. In: Baltische Studien 5 (1838) 2, 45-49.

Dies erklärt z. T. den massiven Widerstand gegen das Dreiperiodensystem, wie ihn z. B. Ludwig Lindenschmit und Ludwig Giesebrecht vertraten.

Eggers, Hans Jürgen: Einführung in die Vorgeschichte. München ³1986, 274, 200.

Wahle, Ernst: Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen. Grenzen der frühgeschichtlichen Erkenntnis I. Heidelberg 1941 (Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Kl. 1940/41, 2); vgl. ebenso noch die methodisch angelegte Studie von Wendowski (wie Anm. ).

Wotzka, Hans-Peter: Zum traditionellen Kulturbegriff in der prähistorischen Archäologie. In: Paideuma 39 (1993) 25-44.

Clarke, David Leonhard: Analytical archaeology. London 1968.

Lüning, Jens: Zum Kulturbegriff im Neolithikum. In: Prähistorische Zeitschrift 47 (1972) 145-173, hier 168.

Brather, Sebastian: s. v. Kulturgruppe und Kulturkreis. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde² 17. Berlin-New York 2000, 442-452.

Vgl. Neuss, Elmar: Sprachraumbildung am Niederrhein und die Franken. Anmerkungen zu Verfahren der Sprachgeschichtsschreibung. In: Die Franken und die Alemannen bis zur "Schlacht bei Zülpich" (496/97). Hg. v. Dieter Geuenich. Berlin-New York 1998 (Reallexikon der germanischen Altertumskunde², Ergänzungsbd. 19) 156-192.

Keller, Rudi: Sprachwandel. Von der unsichtbaren hand in der Sprache.² Tübingen-Basel 1994, 174.

Knussmann, Rainer: Vergleichende Biologie des Menschen. Lehrbuch der Anthropologie und Humangenetik.² Stuttgart u. a. 1996, 406.

Schwidetzky, Ilse: Grundlagen der Rassensystematik. Mannheim-Wien-Zürich 1974, 163-169.

Lévi-Strauss, Claude: Die elementaren Strukturen der Verwandtschaft. Frankfurt/M. 1981.

Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie. Tübingen 5 1972, 237.

Pohl, Walter: Die Awaren. Ein Steppenvolk in Mitteleuropa 567-822 n. Chr. München 1988, 323-328.

Geary, Patrick J.: Ethnic identity as a situational construct in the early middle ages. In: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft Wien 113, 1983, 15-26.

Vgl. Hodder, Ian: Symbols in action. Cambridge 1982.

Müller, Klaus E.: Geschichte der antiken Ethnographie und ethnologischen Theoriebildung. Von den Anfängen bis auf die byzantinischen Historiographen 2. Wiesbaden 1980 (Studien zur Kulturkunde 52) 439. - Pohl (wie Anm. ) 4. - Wolfram, Herwig: Ethnogenesen im frühmittelalterlichen Donau- und Ostalpenraum (6. bis 10. Jahrhundert). In: Frühmittelalterliche Genese im Alpenraum. Hg. v. Helmut Beumann und Werner Schröder. Sigmaringen 1985 (Nationes 5) 97-151, hier 98 f.

Vgl. Agathias, Historiae V,11; V,25, für den alle "Völker" im Osten Skythen oder Hunnen waren.

Synesios von Kyrene, Oratio de regno ad Arcadium imperatorem c. 15.

Prokop, Bellum Vandalicum I,2,2; I,3,1; Bellum Gothicum I,1,3; III,2,1.

Vgl. auch die idealtypische Gegenüberstellung von Griechen bzw. Römern und Barbaren; Dauge, Yves Albert: Le barbare. Recherches sur la conception romaine de la barbarie et de la civilisation. Bruxelles 1981 (= Collection Latomus 176) bes. 379-676. - Erdrich, Michael: Rom und die Barbaren. Das Verhältnis zwischen dem Imperium Romanum und den germanischen Stämmen vor seiner Nordwestgrenze seit der späten römischen Republik bis zum gallischen Sonderreich (= Römisch-Germanische Forschungen 58). Mainz 2001. Cunliffe, Barry: Greeks, Romans and Barbarians. Spheres of interaction. London 1988. - Wells, Peter S.: The Barbarians Speak. How the Conquered Peoples Shaped Roman Europe. Princeton 1999.

Eco, Umberto: Semiotik. Entwurf einer Theorie der Zeichen. München ²1991.

Pohl, Walter: Telling the difference. Signs of ethnic identity. In: Strategies of distinction. The construction of ethnic communities, 300-800. Ed. Walter Pohl and Helmut Reimitz. Leiden-Boston-Köln 1998 (The transformation of the Roman world 2) 17-69.

Tacitus, Germ. 38,1-3.

Pohl, Walter: Tradition, Ethnogenese und literarische Gestaltung: eine Zwischenbilanz. In: Ethnogenese und Überlieferung. Angewandte Methoden der Frühmittelalterforschung. Hg. Karl Brunner und Brigitte Merta. Wien-München 1994 (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 31) 9-26, hier 24.

Wehler (wie Anm. ) 104 f.


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