1749: |
Goethe wird am 28. August in |
1759: |
|
1765: |
Goethe kommt als Student nach |
1768: |
Goethe kehrt nach Hause zurück. |
1770: |
Ankunft in Straßburg, wo er im Oktober Friederike Brion kennenlernt. |
1771: |
Am 14. August reist Goethe nach |
1772: |
Goethe arbeitet an den Frankfurter Gelehrten Anzeigen mit.
|
1774: |
Er beginnt mit Werther und reist herum. |
1775: |
Goethe lernt Anna Elisabeth Schönemann, welche er Lili
nennt. Kurz darauf kommt s zur Verlobung. |
1776: |
Herter wird zum Landesbischof berufen Goethe erhält das
Gartenhaus zum Geschenk und wird durch den Herzog auch sonst finanziell an |
1777: |
Der Bergbau in Ilmenau wird wieder aufgenommen. |
1778: |
Goethe besucht mit Carl August Berlin. |
1779: |
Goethe leitet das Straßenbauwesen, hebt Rekruten aus und wird zum Geheimen Rat ernannt. Er führt den Herzog in die Schweiz. |
1780: |
Er wird Mitglied der Loge. Außerdem befaßt er sich mit
Mineralogie. |
1781: |
Aufführung der Iphigenie im Liebhab 727c217h ertheater. |
1782: |
Goethes Vater stirbt im Alter von 71 Jahren. |
1783: |
Goethe nimmt Fritz von Stein in sein Haus auf. |
1784: |
Bellomo, ein Berufsschauspieler, übernimmt das
Liebhaber-Theater. |
1785: |
Erste Reise nach Karlsbad. Goethe beschäftigt sich nun zunehmend mit seiner neuen Leidenschaft, der Botanik. |
1786: |
Vertrag mit Göschen über eine achtbändige Ausgabe seiner
Schriften. Frau von Stein und Goethe in Karlsbad. Er begleitet sie wieder
nach |
1788: |
18. Juni Goethe trifft wieder in |
1789: |
25. Dezember, am Weihnachtstag und Geburtstag von Charlotte von Stein, wird Carl August geboren, das einzige von fünf Kindern Goethes, das am Leben blieb. |
1790: |
Goethe reist nach Venedig, um die Herzogin-Mutter Anna Amalia abzuholen, die mit einem Hofstaat und Herder Italien besucht hatte. Goethe muß dann mit dem Herzog nach Schlesien ins Manöver. In dieser Zeit ist Faust vorläufig für die Schriften abgeschlossen. |
1791: |
Er beginnt seine Farbenstudien |
1792: |
Der Herzog schenkt Goethe das Haus am Frauenplan und eine
beträchtliche Summe zur Einrichtung. Goethe muß mit dem Herzog nach
Frankreich in den Krieg. |
1793: |
Goethe nimmt an der Belagerung von Mainz teil. |
1794: |
Schiller wirbt um Goethe, gewinnt ihn zur Mitarbeit an den
Horen. Von da an wird Goethe Berufsschriftsteller und bald Herausgeber
eigener und fremder Werke, z.B. Polemik gegen |
1795: |
Goethe will das Theater aufgeben. Die Mutter verkauft das Vaterhaus, nachdem Goethe 1791 eine Berufung in die Heimat abgelehnt hatte. |
1796: |
Veröffentlichung seiner Farbenlehre. |
1797: |
Goethe nimmt das Schreiben des Faust wieder auf. Ferner
macht er in diesem Jahr eine Lebenskrise durch, dabei verbrennt er alle alten
Briefe. |
1799: |
In diesem Jahr schreibt er sein Lehrgedicht " Die
Metamorphose der Pflanzen". Entwicklung des Plans zu den Prophyläen, der
ersten von Goethes Zeitschriften. Außerdem beschäftigt sich Goethe mit der
Entwicklung eines Spätklassizismus, besonders im Verein mit Heinrich Meyer. |
1801: |
Gründung der Mittwochgesellschaft. |
1802: |
Besuch in Zelten. |
1804: |
Ernennung Goethes zum Wirklichen Geheimen Rat. |
1805: |
Schwere Erkrankung Goethes. |
1806: |
Die Franzosen in |
1807: |
In diesem Jahr entwickelt er eine Neigung zu München. Freundschaft und Liebe zu Silvie von Ziegesar. |
1808: |
Goethes Mutter stirbt. |
1809: |
Oberaufsicht über die nur vom Fürsten abhängigen Institute geplant. |
1810: |
Goethe bereitet seine Selbstdarstellung vor. |
1811: |
Sulpiz Boissere'e kommt nach |
1812: |
Begegnung mit der Kaiserin in Teplitz. |
1813: |
Goethe wendet sich gegen die Patrioten. |
1814: |
Divan von Hafis befindet sich in der Übersetzung. |
1815: |
Goethe wird Staatsminister. |
1816: |
Am 06. Juni stirbt Christiane. |
1817: |
Goethe gibt Werke über Kunst und Altertum und zur
Naturwissenschaft heraus. |
1820: |
Im Alter von 71 Jahren besucht Goethe ein Geologiestudium in Böhmen. |
1821: |
Bekanntschaft mit der Familie Levetzow. |
1823: |
Goethes Marienbader Leidenschaft: |
1824: |
Briefwechsel mit Schiller zur Ausgabe vorbereitet. |
1825: |
Regierungsjubiläum Carl Augusts. |
1826: |
Kontrakt mit Cotta. |
1828: |
Aufgrund des Todes von Carl August flüchtet Goethe am 14. Juni nach Dornburg. |
1831: |
Letzter Besuch Zelters. |
1832: |
Goethe stirbt am 22. März im Alter von 82 Jahren in
|
Entstehungsgeschichte des Fausts |
|
1753: |
Zu Weihnachten erhält Goethe von der Großmutter ein Puppentheater, dabei macht er erste Bekanntschaft mit dem "Faust-Stoff". |
1772-1775: |
Goethe kehrt von Wetzlar, wo er ein Praktikum am
Reichskammergericht absolvierte,wieder nach |
1773: |
Goethe macht Freunde mit Szenen aus der ersten Fassung des "Faust" bekannt. |
1775: |
Am 07.November gelangt Goethe erstmals nach |
1777/78: |
Luise von Göchhausen schreibt einen -vielleicht die zweite -Goethesche "Faust"-Fassung ab, die nach der Entdeckung im Jahre 1887 als sog. "Urfaust" veröffentlicht wird; der "Urfaust" umfaßt vermutlich weniger Szenen als die heute unbekannte früheste Fassung. |
1786: |
Aus Anlaß der ersten autorisierten Sammlung seiner Werke versucht Goethe, wenngleich vergeblich, den "Faust" zu vollenden. |
1786-1788: |
Goethe bricht zur ersten Reise nach Italien auf. In Rom bereichert der den
"Faust" um die Szenen "Hexenküche"(Frühjahr 1788) und
"Wald und Höhle", letztere entstand vielleicht auch sofort nach der
Rückkehr in |
1788/89: |
Wieder nach |
1790: |
Nach Mißlingen dieses Vorhaben erscheint zu Ostern "Faust. Ein Fragment". |
1797: |
Unter Schillers Drängen geht Goethe im Juni wieder an den "Faust": Zunächst entwirft er ein ausführliches Schema, um sich Klarheit über den Handlungsverlauf zu verschaffen; noch ist das Drama auf nur einen Teil konzipiert. Zum selben Zeitpunkt entstehen die "Zuneigung", das "Vorspiel auf dem Theater" und der "Prolog im Himmel". |
1798: |
Im April Weiterführung der Arbeit an "Faust" durch Abschluß einer detaillierten Materialdisposition. |
1798-1801: |
Vom Frühjahr 1798 bis zum April 1801 reicht die wohl schwierigsten Arbeitsphase am "Faust".: Mehrfach befürchte Schiller, Goethe könne sein Drama endgültig liegenlassen. Gegenüber dem Verleger Cotta gesteht der Dichter, er könne die Zeit der Reife bei diesem "Hexenprodukt" nicht voraussagen. |
1800: |
Vermutlich im Frühjahr 1800 entsteht erstmals der Plan zu einer zweiteiligen "Faust"-Dichtung. Im April 1801 ist der erste Teil konzeptionell durchgebildet, aber noch nicht vollendet. |
1806: |
Im Frühjahr wird der erste Teil durch Ergänzungen zum Handlungszusammenhang vollendet. |
1808: |
Druck des Dramas "Faust". Eine Tragödie als Band 8 der "Werke", die bei Cotta erscheinen. Nach den drei Rahmendichtungen setzt Goethe den Titel "Der Tragödie Erster Theil" hinzu. |
Wissenschaftler, betont wohlwollend, redet gerne, sowohl schweigsamer wie auch neugieriger Gast/Zuschauer (Auerbachs Keller, Hexenküche)
Ziel: absolute Erkenntnis, möchte ganze Welt verstehen
Teufel, Teil des göttlichen Werkes, will das Böse aber schafft immer das Gute, Narrenrolle ermöglicht Kritik (an Uni, Kirche), Verwandlungskünstler, hat verbindende Funktion (zieht im Hintergrund die Fäden).
Wichtig: Teufel = Knecht Gottes, ist nicht wirklich frei!
Kleinbürgerlich, Idealistische Frauengestalt (Reinheit, absolute Liebe, Gläubigkeit, stark Eindringlich), realistische Eigenschaften (Lästern, träumt von Schmuck etc.), Entwicklung vom Mädchen zur Frau (leidenschaftliche Hingabe führt zu Sünde, ist aber bereit Konsequenzen zu tragen), wird zu gleichwertigen Gegnerin von Mephisto durch ihre Ideale selbst in Extremsituationen wie im Kerker.
wissbegierig, hat wenig Gespür, Karikatur (Gelehrter ist etwas besseres als das Volk)
Mephisto wettet mit Gott um Fausts Seele, dass es ihm gelingen wird, Faust dem Bösen verfallen zu lassen. Faust verzweifelt über die Beschränktheit der Menschen und findet keine Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens. Nach den Naturwissenschaften versucht er sich in Magie, doch auch damit kommt er nicht weiter und wird nur durch das Erklingen der Osterglocken vom Selbstmord abgehalten. Am Tag darauf bietet Mephisto Faust übermenschliche Kräfte an, falls Faust ihm dafür die Seele verspricht und im Jenseits dient. Mephisto soll die Seele erhalten, sobald Faust sein Ziel erreicht hat und sagt: "Verweile doch! Du bist so schön!". Mephisto möchte Faust zum Glück bringen durch Erfahrung/Leben und nicht durch Erkenntnis. Es folgt ein Rundgang durch die Welt der sinnlichen Freuden im Auerbachs Keller, was Faust jedoch abstossend findet. So wird Faust verjüngt (Hexenküche) und macht sich mit Gretchen bekannt, in welches er sich verliebt. Faust kann Gretchen für sich gewinnen. Um sie ungestört besuchen zu können, besorgt Mephisto einen Schlaftrunk für ihre Mutter, welcher sie jedoch tötet. Gretchen wird schwanger. Ihr Bruder Valentin will sich rächen, er wird jedoch von Faust mit Hilfe Mephistos erstochen. Faust wird von Mephisto in die Walpurgisnacht zum Hexensabbat mitgenommen. In der Zwischenzeit hat Gretchen, um der Schande zu entgehen, ihr Kind ertränkt und wird deswegen als Kindesmörderin zum Tode verurteilt. Faust will mit Mephistos Hilfe Gretchen vor der Hinrichtung befreien. Gretchen lehnt Fausts Hilfe ab. Sie akzeptiert den Tod als Strafe für ihr Vergehen und übergibt sich dem Gericht Gottes. Somit gewinnt Gott gegen Mephisto.
Die ganze Geschichte beginnt mit einer Wette zwischen Mephistopheles und Gott. Mephistopheles hat zu beweisen, dass es leicht sei selbst ein "getreuer Knecht" vom rechten Weg abzubringen.
Währenddessen verzweifelt Faust in seinem Studierzimmer an den unüberwindlich scheinenden Grenzen der abstrakten Wissenschaften. Er berauscht sich durch Nostradamus Buch am Zeichen des Makrokosmos, das ihm die wirkende Welt der Naturkräfte enthüllen soll, aber alles bleibt ihm endlich doch nur abgeschmackter Trug, ein blosses "Schauspiel nur". Im Zeichen des Mikrokosmos beschwört er schliesslich den Erdgeist, dessen mächtige flammende Erscheinung ihn aber völlig niederschmettert. Es ist eben doch nur der abstrakte Geist der Wissenschaft, den Faust begreift, der nun leibhaftig verkörpert als sein Famulus Wagner hereintritt. Faust spottet seiner und schickt ihn endlich verdrossen weg. Des Lebens überdrüssig will der durch Gift aus dieser engen Erdenwelt scheiden. Doch die morgendlichen Osterglocken und Chor der Engel, ziehen mit Gewalt den Giftkelch von seinen Lippen.
Auf einem Osterspaziergang erquickt sich Faust kurze Zeit an der erwachenden Frühlingsnatur und am ausgelassenen Treiben des Volkes. Alle rühmen Faust ob seiner uneigennützigen Hilfe bei der letzten Pestepidemie, doch eben diese Ehren trüben wieder seine Laune. Weiss er doch nur zu gut, wie wenig seine obskuren alchemistischen Künste vermögen, wie oft er Gift statt wahrer Arznei verabreicht hat. Faust fühlt sich innerlich zerrissen. Schon bricht die Dämmerung herein, als Faust einen sonderbaren schwarzen Hund erblickt, der die beiden Spaziergänger umschweift. Wagner erscheint er als ganz gewöhnlicher Pudel, doch Faust vermeint einen Feuerstrudel auf seinen Pfaden hinterdrein ziehen zu sehen.
Zusammen mit dem merkwürdigen Pudel, der beständig um seine Füsse schleicht, betritt Faust wieder sein Studierzimmer. Die tiefe Nacht, die mittlerweile hereingesunken ist, gibt seiner Seele kurzen Frieden, den nur das leise aber beständige Knurren des Pudels stört. Wenn sich die geistige Wirklichkeit schon nicht Fausts Seelenblick eröffnen mag, so vermag ihn vielleicht das geoffenbarte Wort der Heiligen Schrift weiter zu führen. Es drängt Faust, den heiligen Urtext in sein geliebtes Deutsch zu übertragen. Der Pudel knurrt bedenklich, dehnt sich als schwarzer Schatten, schwillt zur Grösse eines Nilpferds. Mit magischen Sprüchen versucht Faust das gespenstische Wesen zu bannen. Das christliche Zeichen zeigt Wirkung. Mephistopheles muss in seiner wahren Gestalt erscheinen. Mit Gesang wiegen seine kleinen Helfer Faust in tiefen Schlaf und Ratten ermöglichen ihm den Austritt. Ein freier Teufel kehrt des Morgens zurück. So lässt sich gut der Pakt mit Faust schliessen, dem lange schon vor allem Wissen ekelt und der sich und an den Tiefen der Sinnlichkeit berauschen will. Das kann Mephisto leicht bieten. Wenn es Mephisto gelingt Faust in dieser Welt glücklich machen, hat dieser ihm drüben zu dienen.
In der feucht fröhlichen Atmosphäre von Auerbachs Keller sucht Mephisto Fausts sinnliche Bedürfnisse zu befriedigen und treibt allerlei Schabernack mit den trunkenen Gesellen, um Faust zu ergötzen. Doch der ist nur angewidert.
So soll denn ein Verjüngungstrank aus
berufener Hexenhand Faust helfen all die sinnlichen Genüsse nachzuholen, die er
in seiner Jugend versäumt hat. Während sie auf die Hexe warten, erscheint in
einem Zauberspiegel das Bild der schönen
Der Zaubertrank hat seine Wirkung getan und die sinnliche Begierdenkraft in Fausts Seele erweckt. Als er dem jungen Gretchen, das gerade von der Beichte kommt auf der Strasse begegnet entbrennt er sofort in heftiger Leidenschaft. Er befiehlt Mephisto ihm die Dirne zu beschaffen. Jenem ist dabei ziemlich unwohl, denn über ein so tugendsames, unverdorbenes Geschöpf hat er kaum Macht. Doch Faust lässt nicht locker. Ein würdiges Geschenk soll Gretchen geneigt machen.
Mephisto führt Faust rasch, ohne dass Gretchen es bemerkt, in deren Kammer und versteckt ein Kästchen mit Geschmeide dort, das Gretchen, die es alsbald entdeckt ist entzückt.
Mephisto ist ausser sich vor Wut. Gretchens Mutter hat den Schmuck, den sie für unheilig hält, dem Pfaffen übergeben. Faust drängt dazu ihr noch ein weiteres Geschenk zukommen zu lassen.
Marthe Schwerdtlein, Gretchens Nachbarin, ist nun tatsächlich die ideale Kupplerin. Gretchen zeigt ihr gerade den neuen Schmuck, den sie gefunden hat, als Mephisto eintritt. Nachdem er Marthe listig vorgelogen hat, was diese insgeheim ersehnte, nämlich, dass ihr lange vermisster Ehemann in der Fremde umgekommen sei, was er selbst und ein zweiter untadeliger Zeuge beeiden könnten, ist sie sofort bereit, ein Treffen mit diesem in ihrem Garten zu vereinbaren. Geschickt sorgt Mephisto dafür, dass auch Gretchen dabei sein wird.
Faust erklärt sich, widerstrebend zwar, bereit, als falscher Zeuge aufzutreten, wenn er dabei nur Gretchen wieder sehen kann.
Während sich Mephisto galant um Marthe bemüht kann sich Faust ungestört Gretchen nahen, die, erst noch scheu, ihm endlich mit naiver Offenheit leise schaudernd ihre Liebe gesteht, die Faust leidenschaftlich erwidert. Die beiden küssen sich im Gartenhäuschen, werden dabei aber von Mephisto gestört.
Was Faust früher nur abstrakte Naturerkenntnis war wird seinen aufgereizten Gemütskräften nun zum unmittelbaren, intensiven Erleben. Tiefer vermag Faust nun aufzufassen, was ihm der Erdgeist einst gegeben hat. Dunkel beginnt er dabei auch zu ahnen, dass er Gretchen ins Unheil stürzen wird, dass seine zügellose Begierde sie verderben wird. Er scheut, sie nochmals wieder zu sehen, doch Mephisto treibt ihn spöttisch weiter.
Gretchen singt voller Sehnsucht nach ihrem Geliebten: " Meine Ruh ist hin, mein Herz ist schwer..."
So sehr Gretchen Faust liebt, so selig sie ist, als sie ihn in Marthes Garten wieder sieht, beunruhigt ihr tief gläubiges Gemüt doch wie es um seine Religiosität steht. Fausts überschwängliches Glaubensbekenntnis rührt zwar ihr Herz, aber beruhigt sie nicht ganz. Mephisto vor allem ist ihr, die sonst allen Menschen gut ist, zutiefst zuwider; sie fürchtet seine düstere Gegenwart. Gerne würde sie Faust in ihre Kammer lassen, doch fürchtet sie von der Mutter überrascht zu werden. Faust gibt ihr ein Fläschchen.
Lieschen zieht über Bärbelchen her, die ein Kind erwartet. Gretchen, die Fausts Kind unter dem Herzen trägt, kann nicht mittratschen, ist nun selbst der Sünde bloss
Inbrünstig betet Gretchen vor dem Andachtsbild der Mater dolorosa.
Valentin, Gretchens Bruder, stellt Faust auf nächtlicher Strasse zum Zweikampf und fällt durch Faust Klinge, die durch Mephistos Zauberkraft geführt wird. Faust und Mephisto entfliehen. Gretchen sinkt weinend an der Seite ihres Bruders nieder, doch dieser weist sie, sterbend, zurück.
Angsterfüllt und aufgewühlt von Schuldgefühlen stürzt Gretchen zum Dom, Orgel und Gesang erklingen, die Stimme des Bösen Geistes ertönt. Gretchen stürzt ohnmächtig zu Boden.
Mephisto zieht Fausts tief erschütterte Seele auf den Blocksberg in das wüste Walpurgisnachtsgeschehen um ihn von seinen Gewissensqualen abzulenken. Flackernde Irrlichter, besenreitende Hexen und andere sonderbare Geister erfüllen die ganze Szenerie, die sich in ungestüm bewegten Traumbildern entrollt. Lilith erscheint, Adams erste Frau, eine schöne Hexe drängt sich lüstern an Faust heran und tanzt mit ihm - bis dieser plötzlich zur Seite schleudert und die ganze Szene erstarrt. Er hat ein seltsames blasses Mädchen in der Ferne erblickt - Gretchen; ihr ganzes Elend enthüllt sich Fausts visionären Blick
Mephisto sucht Faust durch ein rasch inszeniertes Spektakel abzulenken. Obereon und Titanie, Ariel und Puck und andere Gestalten bevölkern die Szenerie - doch zu spät, es gelingt ihm nicht, Fausts Seele wieder einzulullen.
Faust macht Mephisto bitterste Vorwürfe, dass er sie über Gretchens Elend im Unklaren gelassen hat. Ihre Mutter ist an dem Schlaftrunk gestorben. Vom Wahnsinn ergriffen hat Gretchen ihr Kind ertränkt und wurde deswegen in den Kerker geworfen und soll hingerichtet werden. Faust befiehlt Mephisto, alles zu ihrer sofortigen Befreiung zu unternehmen.
Mit schauderndem Gefühl nähert sich Faust dem Kerker: Von drinnen hört man Gretchen singen. Vergeblich versucht Faust, Gretchen aus dem Gefängnis zu retten. Sie scheint ihn nicht zu erkennen, ihr Geist ist verwirrt. Doch der Anblick von Mephistos düsterer Gestalt zerreisst für einen Moment den Schleier des Wahns. Reuig befiehlt sie sich der Gnade Gottes an. Es graut ihr selbst vor Faust. "Sie ist gerichtet!" ruft Mephisto. Doch aus der Höhe ertönt eine Stimme "ist gerettet". Mit den Worten "Her zu mir!" reisst Mephisto Faust mit sich fort.
Lustige Person (Schauspieler), Theaterdirektor und Dichter teilen ihre Ansichten über ein gutes Theaterstück mit. Faust soll nun ein solches sein. Z.T. kommen solche Ansichten während dem Stück ziemlich deutlich hervor, Bsp. Kerker-Szene wo alle Bereiche des Kosmos wieder vorkommen, wie es Theaterdirex möchte.
Wette zwischen Gott und Teufel, wird deutlich dass Teufel nur Knecht Gottes ist!
Faust denkt, er sei besser als die anderen, ein Ebenbild von Gott. Sieht sich dann aber nur noch als Wurm im Dreck, will deshalb auf anderem Weg zur Erkenntnis gelangen durch Selbstmord, misslingt (wegen Osterglocken und Engelgesang).
Hund-Szene: Faust deutet Verhalten des Hundes im übertragenen Sinn, sieht aber dadurch, dass er die Welt noch nicht so erkennt, wie er gerne möchte.
Zu Beginn: Faust geniesst Wunder der Natur, hat Glücksgefühl das mit der Liebe zu tun hat. Höhepunkt von Faust I! Danach kippt Glücksgefühl, Faust möchte dass alles so bleibt, dass Mephisto nichts mehr macht. Macht Andeutung darauf, dass es kein Happyend geben wird. (Antipathie zu Mephisto!)
Seht sich nach Faust, sieht aber dass sie nie glücklich werden können. (2.Absatz S.98: Vorahnung Tod; 1. Absatz S.99: Vorahnung verrückt zu werden; letzter Absatz S.99: sexuelle Wünsche.
Gespräch über Religion: Gretchen hat konservative Auffassung. Faust moderater, glaubt eher an Gott in Natur, ist jedoch im Dilemma da er mit Teufel zusammen unterwegs ist. Er kann nicht unbedingt sagen, dass er an Gott glaubt. Kopf-Szene [:-) und (-: ] zeigt, dass Mephisto ein Teil von Faust (Teufelchen in einem drin), und dass Gretchen in Faust nicht nur die gute Seite sieht.
Gespräch Lieschen-Gretchen zeigt patriarchalisches System (Vater des Kindes wird entschuldigt, Frau aber nicht. --> Wird von jungen Frauen selbst gestützt). --> Grund dass es so lange dauerte bis Emanzipation durchgesetzt wurde.
Mephisto verleitet Faust zu Mord. Dies hat Bezug zur Wette: Mephisto denkt, wenn sich Faust teuflisch verhält, will ihn Gott sicher nicht mehr in den Himmel aufnehmen. Gretchen hat sich verändert seit sie mit Faust zusammen ist. Valentin liebt nur das vollkommene Bild von Gretchen und das ist nicht mehr da. Also will er sich an dem rächen, der dafür verantwortlich ist.
Anspielung auf Schuld an Mutters Tod und Schwangerschaft (Z. 3777-3778 bzw. 3791) Fällt in Ohnmacht weil sie schwanger ist.
Irrlichter = Faust ist auf Irrweg, hat Gretchen im Stich gelassen da er auf Flucht ist wegen Mord an Valentin. Faust kommt ins Reich von Genuss und Geld, weit weg vom Weg der Erkenntnis
Traum von Happyend, wie es bei Faust und Gretchen auch hätte sein können.
Gretchen will nun Busse tun für alle ihre Sünden (Kindesmord, Tod von Bruder u. Mutter), Faust versteht das nicht recht, will Gretchen retten, will dass sie das einfach vergisst und neu beginnt.
-> Mensch muss sterben, wenn gestrebt, dann kann er von Gott gerettet werden. (fortschrittliches Gottesbild)
Klassik (1788 - 1805)
Das klassische Schönheitsideal verbindet Verstand und Gefühl, Geist und Natur.
Der Mensch soll gut, edel und hilfreich sein. Er ist im Denken und Fühlen ausgeglichen, gesunder Körper und gesunder Geist sollen harmonieren. Ideale sollen in dieser Welt verwirklicht werden. Verbindung von Geist und Natur. Erziehung strebt danach diese Ziele zu erreichen.
Jeder Mensch hat ein Ziel in sich, dass er zu erreichen versucht. Erziehung soll dabei behilflich sein.
Das Humanitätsideal der Klassik drückt sich durch die Menschen aus, die ausgeglichen sein sollen
Vertreter dieser Idee: Humboldt: "Human ist der im Denken und Fühlen ausgeglichene Mensch. Dieser Mensch ist das Produkt einer göttlichen Idee und Abbild Gottes. Dieser Mensch lässt sich nicht einengen durch nationalistische, religiöse Gedanken." Die Klassik versucht dieses ideale Menschenbild in die Praxis umzusetzen; Winkelmann, Kant: kategorischer Imperativ.
Zentrales ist das Schöne, Harmonie, Ausgewogenes zwischen Kopf und Herz.
Darstellung der vollendeten, diesseitigen Persönlichkeit, Person hier und jetzt, Streben nach Humanität, nach dem Guten, Wahren und schönen (ist das höchste Ziel menschlichen Lebens, selbst im tragischen Scheitern -> Faust).
1765 begann Goethe auf Wunsch seines
Vaters ein Jurastudium. Sein Geist strebte nach anderem und so entstand in
jener Zeit in
Im November 1775 folgte Goethe einer
Einladung des Herzogs Karl August nach
Vergleich Prolog im Himmel mit Hiob:
Bibel: guter Mensch = arbeitender Mensch, man bleibt immer an gleicher Stelle, zu Gott beten
Goethe/Faust: Leben = Streben nach Höherem, Erkenntnis, Erfahrung, Mensch soll mit Welt arbeiten.
Faust kommt von Dr. Johannes Faust (1480-1540), auf welchem die Historia von Dr. Johann Fausten (1587) beruht. --> um 1600 vier wesentliche Figuren: Faust, Hamlet, Don Quijote und Don Juan, da Renaissance, Wiedergeburt, Mensch im Zentrum etc.)
Aktualisierung, stark gekürzt, Urfaust ist aber nie so lange wie Faust I. In Faust I fehlen folgende Szenen: Prolog im Himmel, Vorspiel Theater, Suizidversuch, Pudel, Ostern, Spaziergang, Mord an Valentin, Walpurgisnacht, Hexenküche, Verjüngung, Ende mit Rette mich v. Engel (Urfaust ab Studierzimmer!)
Weggelassen wurden: Spaziergänge, Erdgeister, Wagner, Auerbachs Keller, Student, Am Zwinger (alles magische, somit wurde Stück auf Boden zurückgeholt)
Verändert: Valentin (spricht eigentlich nicht), Gretchen+Marthe verquickt und aufgesplittert, d.h. beide verkörpern Gretchen aber z.T. mit Text von Marthe. Damit wird Beliebigkeit des Gretchens gezeigt, d.h. dass Faust einfach Frau will, egal welche; dynamischer).
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Goethe: Faust I "Die Gelehrtentragödie" | ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Dreifacher Zugang zum Faust-Drama Zueignung (V. 1 - 32) In der Zueignung spricht ein lyrisches Ich "schwankende Gestalten" an, womit die Figuren der Faust-Tragödie gemeint sind, die es nun "festzuhalten" versucht. Die erste Beschäftigung mit dem Stoff fand vor geraumer Zeit statt, die Erinnerung daran erschüttert die Brust "jugendlich" und bringt zahlreiche andere Erinnerungen an bereits verstorbene Menschen, welche das folgende Stück, die folgenden "Gesänge" nicht mehr hören, mit sich. Sie werden von einer fremden Menge vernommen, was dem lyrischen Ich nicht behagt. Dennoch wird die Begegnung mit den "schwankenden Gestalten" wieder unternommen, da ein "Sehnen" das lyrische Ich ergreift und einen Schauer auslöst, welcher das Herz sich "weich" anfühlen und die lange verschwundene Geschichte zu "Wirklichkeiten" werden lässt. Vorspiel (V. 33 - 242) Im Vorspiel auf dem Theater wird ein erstes Kapitel der "Wirklichkeiten" aufgeschlagen. Ein Theaterdirektor, ein Theaterdichter und eine "Lustige Person", welche wohl die Schauspieler vertreten mag, sind zusammengekommen um die "Unternehmung" des Theaterdirektors zu besprechen. Diese ist: ein Theaterstück aufzuführen. Dabei vertreten die drei Figuren jeweils eine eigene Position bezüglich der Vorstellungen, wie ein Stück auszusehen und was zu leisten hat. Der Theaterdirektor vertritt den eher pragmatischen Standpunkt, in dem es darum geht, Geld einzunehmen und gleichzeitig für kurzweilige und gehaltvolle Unterhaltung zu sorgen. Der Dichter vertritt den Standpunkt des massenscheuen Künstlers, dem nur die Schöpfung des Kunstwerks wichtig ist. Die Lustige Person versucht zwischen diesen beiden tendenziell entgegengesetzten Positionen zu vermitteln. Ihr geht es gleichzeitig um den Spaß im Jetzt wie um die Aufwertung der künstlerischen Ausnahmeposition. Die Lustige Person macht auch Vorgaben bezüglich der Eigenschaften, die das Stück vorweisen muss und spricht dabei von einem "Trank", der recht kunstvoll gebraut werden und "bunte Bilder", "wenig Klarheit", "viel Irrtum und ein Fünkchen Wahrheit" enthalten soll. Der Direktor vervollständigt diese Stoßrichtung um den Zusatz, dass das Stück den "ganzen Kreis der Schöpfung" ausschreiten soll. Prolog im Himmel (V. 243 - 353) Mit dem Prolog im Himmel wird die Tragödie eingeleitet. Es treten auf: der Herr, die himmlischen Heerscharen, dabei die drei Erzengel und Mephistopheles. Die Erzengel Raphael, Gabriel und Michael loben die Schöpfung mit ihren hellen und dunklen, den erfreulichen und erschreckenden Seiten. Mephisto kommt vor den Herrn, um die Lage der Menschen während ihres Erdendaseins zu beklagen. Der Herr erwähnt nun Faust und möchte an ihm zeigen, dass der Mensch in "seinem dunklen Drange" um den rechten Weg doch weiß. Dies bestreitet Mephisto und schließt eine einseitige Wette ab, bei deren Gewinn ihm das Unsterbliche Fausts zufallen soll. Am Anfang der Szene "Prolog im Himmel" loben die drei Erzengel die herrliche Schöpfung Gottes: "Und alle deine hohen Werke / Sind herrlich wie am ersten Tag" (269f). Doch Mephistopheles ist anderer Meinung, er sieht nur, "wie sich die Menschen plagen" .(280) Er sagt, dass die Menschen besser leben würden, wenn Gott ihnen "nicht den Schein des Himmelslichts" (284) - den Verstand - gegeben hätte. Er vergleicht das Leben der Menschen mit dem einer Zikade, das immer gleich und eintönig ist: "Wie eine der langbeinigen Zikaden, / Die immer fliegt und fliegend springt / Und gleich im Gras ihr altes Liedchen singt" (288ff). Mephistopheles ist als Vertreter des Bösen nicht in der Lage, aus der Vielzahl der von ihm beobachteten und beklagten Erscheinungen, die er allerdings nur von seiner negativen Grundhaltung sehen kann, eine Perspektive für die Menschheit zu erblicken. Mephisto ist der Welt der Erscheinungen, der Oberfläche verbunden. Alles vorwärtsgerichtete Streben erscheint ihm müßig, jeder tiefere Sinn des Lebens töricht, da er grundsätzlich jede Möglichkeit verneint. So versteht er das Bemühen Fausts, dessen Beispiel ihm vom Herrn als positiver Beweis entgegengehalten wird, auch nur als Tollheit. Die Charakterisierung Fausts durch Mephisto verdeutlicht schon jetzt Fausts Seelenkonflikt, da ist auf der einen Seite die weltliche Begierde und auf der anderen die methaphysische Sehnsucht: "Er ist sich seiner Tollheit halb bewußt; / Vom Himmel fordert er die schönsten Sterne, / Und von der Erde jede höchste Lust, / Und alle Näh und alle Ferne / Befriedigt nicht die tiefbewegte Brust" (303ff). Schriftliche Aufgabe 1: Welches Menschenbild haben der Herr und Mephisto ? Belegen Sie Ihre Aussagen am Text! zur Lösung Schriftliche Aufgabe 2 : Schildern Sie die zeitlichen und die räumlichen Bezüge der drei Szenen zur eigentlichen Handlung! Fächerverbindendes Arbeiten: Zusatz-Aufgabe für einen LK in Zusammenarbeit mit einem GK Religion: Goethe hat den Prolog des Buches Hiob als Vorlage für seinen "Prolog im Himmel" genommen. Vergleichen Sie die beiden Texte im Hinblick auf:
Zusatz-Aufgabe für einen LK in Zusammenarbeit mit einem GK Mathematik: . Die Gelehrtentragödie: Fausts Verzweiflung an der Erkenntnis (Bild aus Murnaus Faust-Film) Nacht (V. 354 - 807) zur Interpretation der Szene Aufgabe: Ordnen Sie folgende Verse dieser Szene im Zusammenhang zu! Welche Verse stammen nicht von Faust ?: Da steh ich nun, ich armer
Tor! Bilde mir nicht ein, ich
könnte was lehren, Statt der lebendigen Natur, Ach Gott! die Kunst ist
lang; In dieser Szene tritt Faust zum ersten Mal auf. Der Zuschauer lernt ihn als alten Gelehrten kennen, der sich Zeit seines Lebens in seinem Studierzimmer auf der Suche nach Erkenntnis aufgehalten hat. Dabei haben ihm alle Wissenschaftsgrade keinen Erkenntnisgewinn gebracht, im Gegenteil, sie bewirkten seine augenblickliche Depression. Als neuesten Weg hat Faust die Beschäftigung mit der Magie erwählt, von der er sich die ersehnte Erkenntnis erhofft. Er ruft den Erdgeist auf, dem er aber nicht standhalten kann und von welchem er bald verlassen wird. Daraufhin tritt Wagner auf, Fausts Famulus, der die trockene Wissenschaftlichkeit verkörpert. Nach einigen zynischen Kommentaren, welche noch einmal verdeutlichen, was Faust von angehäuftem Bücherwissen hält, schickt er Wagner fort. In dem darauffolgenden Monolog exponiert Faust noch einmal seine Situation, welche von der Unfähigkeit, der Natur ihren "Schleier" zu rauben, charakterisiert ist. Es scheint ihm, aus dieser Situation führe nur die Selbsttötung, welche er mittels Gift vornehmen will. Er wird dabei von "Glockenklang und Chorgesang" unterbrochen, welche die Auferstehung Christi verkünden. Faust ist von den Klängen ergriffen und lässt von seinem Vorhaben ab Schriftliche Aufgabe 3 : Schildern Sie , wie sich Faust und Wagner als Wissenschaftler unterscheiden! zur Lösung Fausts vergebliche Ausbruchsversuche durch Geisterbeschwörung und Freitod 3. Die Wette: Mephisto tritt in Fausts Leben Vor dem Tor (V. 808 - 1177) Vor dem Stadttor finden sich "Spaziergänger aller Art", die den Ostertag nutzen. Die Gespräche drehen sich um Liebes- und Lebenslust. Faust und Wagner befinden sich gleichfalls vor dem Tor und beobachten das Treiben, Faust reflektiert über die frühlingshafte Natur und das Gewimmel der Menschen, Wagner fühlt sich von allem "Rohen" abgestoßen und unterstreicht noch einmal seinen Wissensdrang. Faust wird von einem alten Bauer geehrt, der seine Leistungen am Volk anerkennt. Gegen Ende des Spazierganges begegnet Faust und Wagner ein sich seltsam gebärdender Pudel, den Faust nach Hause mitnimmt. Faust unter Bürgern und Bauern - Entgrenzungserlebnis - Die "Zwei Seelen" in seiner Brust Studierzimmer 1 (V.1178 - 1529)(Bild aus der Faust-Verfilmung mit G. Gründgens als DVD) Ordnen Sie folgende Verse Faust oder Mephisto mit einer Begründung zu: Das also war des Pudels
Kern! Frage: Nun gut, wer bist du denn? Antwort: Ein Teil von jener Kraft, Die stets das Böse will und stets das Gute schafft. Ich bin der Geist, der stets
verneint!
Wieder im Studierzimmer angelangt, beginnt Faust eine Passage aus dem Neuen Testament zu übersetzen. Er wird dabei von dem mitgebrachten Pudel gestört, der sich verwandelt und als Mesphisto zu erkennen gibt. In dieser Begegnung stellt sich Mephisto vor, gibt Kostproben seiner Verwandlungskünste und seiner Macht über Geister. Gleichzeitig aber ist er auch bestimmten Regeln unterworfen (ein schlechtgezeichnetes Pentagramm bannt ihn, er kann nur auf dem gleichen Wege heraus, auf dem er herein gekommen ist). Faust übersetzt die Bibel - Mephisto ist des "Pudels Kern"; er stellt sich vor als "Geist, der stets verneint" Studierzimmer 2 (V. 1530 - 2072) zur Interpretation Ordnen Sie folgende Verse dieser Szene im Zusammenhang zu: Was willst du armer
Teufel geben? Und Schlag auf Schlag! Werd
ich zum Augenblicke sagen: Blut ist ein ganz besondrer Saft. In der zweiten Studierzimmerszene tritt Mephisto zum ersten Mal in seiner weltlichen Kleidung auf, als "edler Junker", mit Hut, Mantel, Degen und Hahnenfeder und lockt Faust in den mit Blut unterschriebenen Todespakt. Gelingt es Mephisto, Faust so weit zu bringen, dass er zum Augenblick sagt: "Verweile doch, du bist so schön", so muss er im Jenseits Mephisto dienen. Damit wird Fausts Überzeugung deutlich, dass es nichts auf der Welt gibt, was sein "Streben" mindern könnte. Nach Abschluss der Wette tritt ein Schüler auf, den Mephisto als Faust verkleidet empfängt. Nach kritischen Kommentaren zu akademischen Studien und einem Eintrag in des Schülers Stammbuch ("Gott sei mit dir, die Künste des Guten und des Schlechten") entlässt er ihn und tritt gemeinsam mit Faust und mithilfe des Zaubermantels die Reise in die Welt an. Faust entsagt dem Erkenntnusstreben und will das wirkliche Leben erfahren - Wette mit Mephisto, dass dieser ihm keine Befriedigung schaffen könne - Universitätssatire: Schülergespräch Aufbruch zur Lebensreise: Erste Reisestation: Auerbachs Keller und Hexenküche Auerbachs Keller in Leipzig (V. 2073 - 2336) Auerbachs Keller in Leipzig ist die erste Station in Fausts "neuem Lebenslauf". Hier soll er das richtige Leben und lustige Gesellschaft kennenlernen. Er begegnet Frosch, Brander, Siebel und Altmayer, welche dort für gewöhnlich saufen gehen. Mephisto macht sich einen Spaß daraus, die Vier in ihrer Beschränktheit und seine Zauberkünste vorzuführen. Faust ist von dieser Szenerie nicht angetan und möchte bald weiter Streit und Lärm in "lustiger Gesellschaft" - Mephistos Zauberkunststücke: Zweite Reisestation Unterrichtsanregung: Stummes Schreibgespräch Hexenküche (V. 2337 - 2604) zum Hexen-Einmaleins Die nächste Station ist die Hexenküche, in der Faust einen Zaubertrank, der ihn verjüngen soll, trinken soll. In einem Zauber-Spiegel erblickt Faust ein Frauenbildnis, welches ihm als "Inbegriff aller Himmel" erscheint. Die Hexe erkennt Mephisto nicht sofort, weil er als zeitgemässer Teufel, in der Verkleidung eines Edelmannes auftritt, ohne die alten Markenzeichen, wie Pferdefuss oder den zwei Raben. Die Hexe gibt ihm einen Trank, durch den er, laut Mephisto, "Helenen in jedem Weibe" sehen wird. |
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Nacht Die Szene "Nacht" kann man in zwei Teile aufteilen, die durch die Wagnerszene voneinander getrennt sind. Beide Teile münden ins Dialogische, der erste in den Dialog mit dem Erdgeist, der zweite in das Responsorium zwischen Faust und dem Orchester. Die Szene ist geprägt von einem Wechsel zwischen Euphorie und Depression, Systole und Diastole. Faust wird am Anfang der Szene als eine nach innen gewandte und "monologische Existenz" von extremer Weltlosigkeit vorgestellt, schon allein die Regieanweisung. "In einem hochgewölbten, engen gotischen Zimmer" weist auf seine systolische Situation hin. Faust befindet sich als Wissenschaftler in einer tiefen Krise, obwohl er "Philosophie, Juristerei und Medizin, / Und leider auch Theologie!" (354ff) studiert hat, erkennt er, dass "wir nichts wissen können!" (364). Er will sich aber Kenntnis davon verschaffen, "was die Welt / Im Innersten zusammenhält" (382f), darum hat er sich "der Magie ergeben" (377). Faust nennt sich selber einen "armen Tor" (358). Diese Charakterisierung passt mit der von Mephisto (siehe oben) insofern zusammen, daß sich in beiden eine Art geistiger Unersättlichkeit zeigt, eine Illusion, alle Zwischenstufen überspringen und unmittelbar das Weltgeheimnis erkennen zu können, das selbst die Engel nicht ergründen können: "Da keiner dich ergründen mag" (268). In der folgenden Szene endet die erste Depression langsam und geht in ein Hochgefühl über. Das zeigt sich schon an der Versgestaltung. Knittelverse (354-385) und Madrigalverse (430-467) lösen sich auf in freie Rhythmen. Ein Blick zum Fenster hinaus auf den Mond weckt in Faust den Wunsch, in die freie Natur zu gehen, die ihm als eine Gegenwelt zu seinem "Kerker" erscheint. Gott habe die Menschen in die lebendige Natur hinein geschaffen und nicht zum Umgang mit toten Dingen (410-417). Fausts Krise entspricht mit diesem Wunsch genau der der abendländischen Kultur beim Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit, als Erkenntnisse der Natur nicht mehr in Büchern, sondern in der Natur selbst gesucht wurden. Der Aufforderung, "Flieh! auf! Ins weite Land!" (418), die Faust an sich selber richtet, befolgt er nicht, statt dessen greift er nach einem Buch des Nostradamus (420). In diesem Buch erblickt er das Zeichen des Makrokosmus (430ff),. Das Zeichen des Makrokosmos stellt die magischen Beziehungen zwischen Mensch und All dar, es vertritt das kontemplative Prinzip. Durch die Betrachtung dieses Zeichens fühlt sich Faust mit der Natur verbunden: "Ich schau` in diesen reinen Zügen / Die wirkende Natur vor meiner Seele liegen" (440f), er kommt sich vor wie "ein Gott" (439). Er meint zu erkennen, "wie sich alles im Ganzen webt" (447). Er erkennt aber im gleichen Augenblick, daß er ja nicht denn Kosmos schaut, sondern nur ein Bild. Faust wendet sich enttäuscht von dem Zeichen ab: "Welch Schauspiel! Aber ach! ein Schauspiel nur! / Wo fass` ich dich, unendliche Natur?" (454f). Zwar hat das Zeichen ihn das Wesen und das Ganze des Seienden schauen lassen, aber die Kontemplation genügt ihm nicht, denn er will die Natur ,fassen': "Wo fass ich dich , unendliche Natur?" (455). So wendet sich Faust dem Zeichen des Erdgeists zu. Er ist der Geist des Handelns und der Tat. Das Zeichen wird von ihm leidenschaftlich ("Schon glüh ich wie von neuem Wein" (463) ) und unter existentiellen Einsatz seiner Person beschworen: "Du musst! Du musst und kostet es mein Leben" (481). Faust entscheidet sich mit der Abwendung vom Zeichen des Makrokosmos und der bloßen Kontemplation der Tat zu. Er ist damit bereit, sich auch dem Schicksal zu unterwerfen, "der Erde Weh, der Erde Glück zu tragen" (465) auch das Scheitern zu riskieren und Schuld auf sich zu nehmen. Der Erfüllung des Makrokosmuszeichens als höchster kontemplativen Erfüllung setzt einen Verzicht sowohl auf die Tätigkeit wie auch auf sinnlichen Genuß voraus, einen Verzicht, den Faust auf die Dauer nicht leisten kann, weshalb er sich von dieser höchsten kontemplativen Erfüllung als von einem "Schauspiel nur" ungehalten abwendet. Er der Tätige, entscheidet sich für das aktive Prinzip, für den Erdgeist. Der Erdgeist, dem sich Faust als seinesgleichen vorstellt ("bin deinesgleichen" (500) ), weist Faust ab: "Du gleichst dem Geist den du begreifst, / Nicht mir!" (512). Während in der Makrokosmus-Szene das magische Zeichen Faust nicht genügt, so tritt nun ein Wesen auf, dem Faust seinerseits nicht standhalten kann. Ein weiterer Unterschied ist, dass das Zeichen des Makrokosmus bei Faust "das innre Toben stillt" (435), der Erdgeist hingegen ihn innerlich aufwühlt: "All meine Sinnen sich erwühlen" (479). Fausts Scheitern beim Anblick des Erdgeistes ist darin begründet, dass er sich vermisst, das konkrete Leben in seiner Fülle und mit seinen Polaritäten unmittelbar und als Ganzes zu erfassen. Zugleich glaubt er ,sich über die Erdgeistsphäre bereits hinausgehoben zu sein, indem er sich selbst als "Ebenbild der Gottheit!" (516) begreift. Er der zuerst die Weltharmonie im Zeichen des Makrokosmus kontemplativ erschaut hat und nun noch die Fülle des Daseins im Erdgeist unmittelbar zu ergreifen meint, fühlt sich den Cherubim ("Ich, mehr als Cherub, dessen freie Kraft" (618) ) noch überlegen, die nur die Sphärenharmonie anschauen, nicht aber dem irdischen Dasein teilhaben können. Faust muss erkennen, dass dieses sein Selbstbewusstsein von übermäßiger diastolischer Erweiterung Hybris ist und daß die Endlichkeit ,d.h. die Materialität seiner Existenz ihn gefesselt hält (vgl. 634ff). In der nächsten Szene kommt Wagner hinzu, er erscheint als Kontrastfigur zu Faust. Faust der sich eben als "Ebenbild der Gottheit" (516) wähnte, empfindet den Auftritt Wagners als Störung und bezeichnet ihn als "trockenen Schleicher" (521). Für ihn ist Wagner in dem Moment ein Vertreter der beschränkten und beschränkenden Welt. Der Dialog zwischen Wagner und Faust befasst sich mit dem Wesen der Rhetorik und der Geschichtsforschung. Während Wagner durch die Kunst der Rede zu wirken und auch sich selbst zu gefallen hofft, tritt Faust ein für die ureigene Überzeugungskraft des "Verstandes" und des "rechten Sinn" (550), sowie die Sprache der "Seele" und des "Herzens" (535). Auch in dem Disput über die Entschlüsselung der Historie, in dem Wagner die Notwendigkeit der Quellensicherung (vgl. 562f), die Möglichkeit der Erkenntnis durch historischen Vergleich, sowie die Berechtigung jeglicher Teilerkenntnis betont (vgl. 586), sieht Faust, der die Wissenschaft wahrheitsentdeckende Qualität abspricht, die eigene "Seele" (569), "Herz" und "Gefühl" und intuitives "Schauen" (591f) als wahre Erkenntnisquellen. Wie unterscheiden sich Faust und Wagner als Wissenschaftler?
Faust monologisiert reflektierend nach Wagners Abgang weiter (vgl. 602ff). Das Zurückgeworfen sein in die Systole ("Ist es nicht Staub, was diese hohe Wand / Aus hundert Fächern mir verengt?..." (656ff) ), konfontiert ihn mit der Sorge: "Die Sorge nistet gleich im tiefen Herzen" (644). Die Sorge erscheint hier als eine Macht, die das Streben nach immer reineren Tätigkeit lähmt und den Menschen in seiner Aktivität hindert. Sie ist Unruhe, aber keine schöpferische Unruhe, sondern ein unfruchtbares Hin und Her. Die Seele drängt nicht mehr nach Entwicklung und Selbstverwirklichung, sondern nach Selbsterhaltung. Die Sorge ist ein rein diesseitiges Phänomen. So erkennt Faust, daß er sich nicht den Göttern gleich stellen kann: "Den Göttern gleich ich nicht!" (652). Dem Tier steht er näher als einem Gott: "Dem Wurme gleich ich, der den Staub durchwühlt" (653). Er ist der Materie verhaftet und ein endliches Wesen, der Vernichtung durch das Elementare ausgesetzt: "Des Wandrers Tritt vernichtet und begräbt" (655). Dieser extremen Systole folgt nun wieder der Aufbruch in eine neue Diastole. Faust überfällt angesichts der Phiole wie zufällig ("Doch warum heftet sich mein Blick auf jene Stelle?..." (686) ), aus einer Stimmung heraus, die Absicht, Selbstmord zu begehen. Faust will mit dem Selbstmord die "neuen Sphären reiner Tätigkeit" (705), gewinnen. Unter der reinen Tätigkeit verstand Goethe ein in der irdischen, materiellen Welt nicht letztlich realisierbares Handeln, das den Widerstand der Materie nicht kennt, den zerstörerischen Gewalten der Elemente nicht ausgesetzt ist, unbedingt und um seiner selbst willen geschieht, also keinen Zweck kennt, und den Handelnden nicht in Schuld verstrickt. Der Gedanke an die "neuen Sphären" versetzt Faust in eine euphorische Stimmung, die sich auch in den Lyrismen seiner Sprache niederschlägt z.B. "der holden Erdensonne" (708). Der Entschluss zum Selbstmord signalisiert nicht Resignation, sondern intensivsten Willen zum Leben und zur Tat. Er möchte mit dieser Tat aus dem Dasein als "Wurm" zur "Götterhöhe" aufsteigen, "und wärs mit der Gefahr ins Nichts dahinzufließen" (719). Doch der Gesang des Osterchores der in Fausts Zimmer dringt, bringt ihn dazu, von seinem Entschluß abzulassen. Zum ersten Mal wird die Außenwelt in Fausts Abgeschlossenheit wirksam und veranlasst ihn zu einer Reaktion. Die Chöre verkünden nicht nur die Osterbotschaft, sie wird auch vom Chor ausgelegt und gefeiert als Befreiung aus der Gefangenschaft des Sterblichen und des Menschlichen überhaupt. Der Chor weist aber auch auf die Prüfung hin, die der Mensch als Irrender zu bestehen hat und durch die Liebe zu Christus bestehen kann. Die letzte Chorstrophe fordert zur tätigen Liebe. Faust hört diese Botschaft zwar, kann ihr aber nicht folgen: "Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube" (765). Faust wird durch sie zum Leben zurückgerufen, weil alte Kindheitserinnerungen ihm wieder ins Gedächtnis kommen: "Und doch, an diesen Klang von Jugend auf gewöhnt, / Ruft er auch jetzt zurück mich in das Leben." (769f). Vor dem Tor Im Zentrum der Szene "vor dem Tor" steht in vielfältiger Variation das Verhältnis Mensch - Natur. Zunächst erleben wir die ins Freie ziehende Menge, deren Vielfalt sich in verschiedenen Ständen und Altersgruppen sowie in ähnlichen bis gegensätzlichen Lebenshaltungen und Lebensformen repräsentiert. Im Treiben und Gebaren der Personen und Gruppen äußern sich Gebundenheit (Bürgermädchen) und Ungebundenheit (Handwerksburschen, Soldaten), Beharrsamkeit (Bürger) und Offenheit (Dienstmädchen), Unmoral (Alte) und Tugendhaftigkeit (Bürgermädchen), beschränkte Freiheit (Bauern), Wohlstand (Bürger) und Armut (Bettler). Während die Menschen nicht eigentlich in die Natur gehen, sondern nur durch sie durch, schaut und fühlt Faust inmitten der Natur, auf den "Höhen" (916) zwischen "rauhen Bergen" und "grü nendem Tal", den Jahreszeitenwechsel im letzten Aufbegehren des "alten Winters" gegen "des Frühlings holden belebenden Blick" (904ff). Dieses Erlebnis der wiedererwachenden Natur vereint sich mit dem Eindruck des aus dem "hohlen finsteren Tor" ins Freie drängenden "bunten Gewimmels" (918) zu einem in Gegensätze gemalten, harmonischen Bild der Auferstehungsfeier. Durch die Überwindung städtischer Dunkelheit, Enge und Gefangenheit und die Gewinnung des Lichts , der Weite und Freiheit der Natur verwirklicht sich glückliches Menschsein: "Hier bin ich Mensch, hier darf ich´s sein"! (940). Der Gegensatz zwischen dieser Empfindung einer innigen Einheit von Mensch und Natur und dem realem, naturfernen, triebhaften Treiben des Volkes verweist auf die Gegensätze von "Idealem und Realen" sowie von "Sinnlichkeit und Vernunft". Im Gespräch mit den Bauern erkennt er seine Ohnmacht als Arzt (1022ff). Er wird sich schmerzlich bewusst, dass er als Mensch in einem "Meer des Irrtums" (1065) versunken ist. Im Gegensatz zu Wagners Wissenschafts- und Naturrealismus stehen Fausts Ganzheitssehnsüchte und Naturphantasien. Mit "des Geistes Flügeln" (1090) löst sich Faust aus natürlicher Begrenzung und erlangt Aufgehobenheit in der Natur im unmittelbaren Sinne des Wortes. Im Phantasieflug zwischen Himmel und Erde in ewiger Zeitlosigkeit zwischen "Licht und Finsternis" (1087) erfüllt sich der Traum von Emporgehobenheit und Geborgenheit im Ganzen. Er hat die Vision einer Harmonie, die der Schwebezustand des Abends zwischen Licht und Nacht ihm vermittelt. Eine "stille Welt" (1077) erscheint ihm, in der alle Gegensätze ausgeglichen sind: "Entzündet alle Hohn, beruhigt jedes Tal..." (1078ff). Die Vision dieser harmonischen Natur folgt auf seine Erkenntnis, dass zum Menschsein das Irren gehört. Der Mensch der in der Welt immer irrt, besitzt zugleich die Fähigkeit, Reinheit und Harmonie als Schönheit visionär zu erfassen, dies aber nur im Augenblick, in dem gegensätzliche Seinszustände scheinbar harmonieren. Faust wird durch Wagners Widerspruch gestört (1100ff). Er wird sich dessen bewußt, daß ein solcher Zustand, eine solche Weltsicht für den Menschen nur Sache eines Augenblicks sein könne. Die Harmonie der Gegensätze zerfällt. Er klagt über die "zwei Seelen" in seiner Brust (1112). "Alle Menschen guter Art empfinden bei zunehmender Bildung, dass sie auf der Welt eine doppelte Rolle zu spielen haben, eine wirkliche und eine ideelle, und in diesem Gefühl ist der Grund alles Edlen aufzusuchen. Was uns für eine wirkliche zugeteilt sei, erfahren wir nur allzu deutlich; was die zweite betrifft, darüber können wir selten ins klare kommen. Der Mensch mag seine höhere Bestimmung auf Erden oder im Himmel, in der Gegenwart oder in der Zukunft suchen, so bleibt er deshalb doch innerlich einem ewigen Schwanken, von außen einer immer störenden Einwirkung ausgesetzt, bis er ein für allemal den Entschluß faßt, zu erklären, das Rechte sei das, was ihm gemäß ist." (Dichtung und Wahrheit III, 11) Trotz aller Hinwendung zum Irdischen und Menschlichen , trotz aller Beruhigung seines übermenschlichen Transzendenzstreben bleibt der Gegensatz von "Sein und Sehnsucht" für ihn bestimmend (vgl. 1118ff). Studierzimmer I Goethe gliedert die Entwicklung auf Mephisto hin, die zum Abschluss der Wette führt, in zwei selbständige Szenen auf. Beide folgen unmittelbar aufeinander und tragen den Namen Studierzimmer. Nach einem turbulenten Ostertag ist Faust mit seinem Pudel in sein Studierzimmer heimgekehrt. Wieder ist es Nacht. Der Ort, der zu Anfang als " Kerker " beschrieben wird, ist jetzt eine willkommene Zuflucht vor dem Trubel der Welt. Die " wilden Triebe " (1182) , die nach draußen drängten scheinen abgetan. Die enge Zelle gibt ihm Vernunft, Geborgenheit, Hoffnung und Sehnsucht. Als die Befriedigung nachlässt, wendet er sich, um sie festzuhalten, an " das Überirdische ", " die Offenbarung ", und beginnt das Evangelium zu übersetzten. Jedoch unterbricht der Pudel durch seine Unruhe und seinen " tierischen Laut " ( 1204 ) immer wieder die " heiligen Töne ", die Fausts " ganze Seel` umfassen ". Faust will den Hund, der mit Bellen und Heulen immer mehr stört, aus dem Hause weisen. Als dieser zu einem Nilpferd mit schrecklicher Gestalt anschwillt, wird ihm schnell klar, daß er einem Geist gegenübersteht, den man, um ihn zu bannen, mit durch Zauberformeln zwingen muss, sich in seiner eigentlichen Gestalt zu zeigen. Nun geht er mit den verschiedensten Zauberformeln auf das Tier los, in dem er die " Höllenbrut " vermutet. Erst mit Hilfe des Kreuzzeichens (1301) ist Mephisto dazu zu bringen seine Tiergestalt zu verlassen. Bei seinem ersten Auftreten trägt Mephisto die Kleidung eines " fahrenden Scholastikus " . Das dann folgende Anfangsgeplänkel der beiden geht schnell in ein gewichtiges Gespräch über Gut und Böse (1336), Entstehen und Zugrundegehen (1339), Teil und Ganzes (1348), Licht und Finsternis (1351), Etwas und Nichts (1363) über. Auf die Frage, wer er sei, erwidert Mephisto : " Ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft " ( 1335 ) und " Ich bin der Geist, der stets verneint "(1338). Mit diesen Worten wird die Selbstdarstellung Mephistos auf jene Stelle des Prologs bezogen, an welcher der Herr Mephisto charakterisiert und seine Rolle gegenüber dem Menschen beschreibt (338-343) . Von hier an wird dann unmissverständlich aufgezeigt : Mephisto will niemals aufbauen, sondern immer nur zerstören. Wertetafel Mephistos negativ positiv
Von Mephisto aus gesehen erscheint nun nicht mehr die linke Seite als gut, sondern die auf der rechten Seite stehenden Gegenbegriffe erscheinen ihm als gut. Er sieht diese " plumpe Welt " (1364) als etwas an,das es eigentlich nicht geben dürfte, weil sie sich dem " Nichts entgegenstellt ". Mephisto tritt beim ersten Zusammentreffen mit Faust nicht als Verführer auf. Er will jedoch auch nicht bedrohlich wirken. Das Programm der Welt- und Menschenvernichtung wird offen zugegeben. Gleichzeitig werden die zerstörerischen Bemühungen in gespielter Verzweiflung als letztlich vergebens hingestellt. Mephisto gibt Auskunft über seine Person und scheint ansonsten keine weiteren Absichten zu verfolgen. Faust fühlt sich als der Überlegene. Er ahnt nicht, daß des "Chaos wunderlicher Sohn " (1384) mit ihm sein Spiel treibt. Mephisto gibt vor, wegen eines fehlerhaft gezogenen Pentagramms das Studierzimmer nicht wieder verlassen zu können. Faust, dessen Überlegenheitsgefühl sich noch verstärkt hat, und der es genießt den Teufel in seiner Gewalt zu haben, schließt einen Pakt mit Mephisto. Mephisto verspricht " zur Gesellschaft hier zu bleiben " (1431). Mephisto kennt Fausts innere Problematik und weiß, wie er sie für seine Zwecke aufs Äußerste zuspitzen muß. Die von ihm herbeigerufenen " zarten Geister " singen Faust in einen rauschartigen Schlaf. Er erlebt mit allen fünf Sinnen das " neue, bunte Leben ", dass er so heiß begehrt. Die Szene endet damit, dass Faust, aus dem Traum erwachend, angesichts der tristen Realität seines Studierzimmers vor übermächtiger Enttäuschung in sich zusammensinkt : " Bin ich denn abermals betrogen ?.... " ( 1526-1529) Studierzimmer II Diese lange Szene gliedert sich in folgende vier Abschnitte : Fausts Wendung vom Erkenntnis- zum Genußstreben : Seine Wette mit Mephisto ( 1530-1859) Mephistos Monolog " in Fausts langem Kleide " : Sein Plan mit Faust ( 1851-1867 ) Mephistos Gespräch mit dem Schüler über Wissenschaft und Leben: Mephistos Rat, der Schlange zu folgen ( 1868-2050) und Dialog Faust-Mephisto : Aufbruch " zum neuen Lebenslauf " ( 2051-2072) Die Wette Im Vergleich zu der ersten Studierzimmerszene, ist Faust bei Mephistos Auftreten ( mit Kleid, Mantel, Hahnenfeder und Degen) nun in tiefer Depression. Er ist felsenfest davon überzeugt, daß ihm die Welt " Nicht einen Wunsch erfüllen wird " (1557) . Der Gelehrte glaubt nicht mehr an die Möglichkeit auch draußen in der Welt die Freuden eines reichen, sinnerfüllten Lebens genießen zu können : " Der Gott, der...( 1566-1571). Die " Auferstehung " am Ende der Szene " Nacht ", die einen neuen, frischen Anfang in der Aneignung von Welt in Aussicht stellte, hat sich als Selbsttäuschung erwiesen. Faust sieht keinen anderen Ausweg mehr, als von der Erde abzutreten. Doch Mephisto meldet, auf den Selbstmordversuch anspielend, seine Zweifel an, ob der Tod wirklich " ein ganz willkommender Gast " ( 1572 ) sei. Faust fühlt sich ertappt und reagiert mit hemmungsloser verbaler Aggression. In die Enge getrieben lässt er sich zum äußersten hinreißen: zum Fluch. Die Verfluchung umfasst summarisch alles, was den Menschen daran hindert, die Erde zu verlassen. Sie beginnt bei materiellen und geistigen Gütern, erstreckt sich dann auf die drei christlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe und endet bei der Geduld. Faust wird dann aufgefordert, eine neue Welt aufzubauen und einen " Neuen Lebenslsuf " ( 1622) zu beginnen. Die Entwicklung auf Mephisto hin ist damit abgeschlossen. Der Pakt, den Mephisto anbietet, wird nun von Faust in einen Wette umformuliert. Faust bezweifelt, dass der Teufel " des Menschen Geist in seinem hohen Streben " ( 1676) überhaupt erfassen kann. Deshalb verlangt er nach paradoxen Dingen, bei denen der Genuss sogleich in neue Begierde übergeht. Mephisto versteht ihn nicht , verspricht jedoch alles. Da nun kennt Faust seine Bedingung : Mephisto soll gewonnen haben, wenn Faust sich je "auf ein Faulbett " legt, sich mit Genuss betrügen läßt. Er selbst will verloren haben, wenn er " zum Augenblicke " sagen sollte : " Verweile doch ! Du bist so schön ! " ( 1700) Das Wettgeschehen gliedert sich in zwei Teile: in die eigentliche Wette und eine nachträgliche Kommentierung und Präzisierung. Nach Abschluss der Wette gibt es wieder eine komische Einlage, in der mit der Blutunterschrift der alten Sage gespielt wird und Faust gegen das " Pergament " ( 1726) und für das dahinströmende Leben streiten kann. Faust verspricht vielsagend, " das Streben seiner ganzen Kraft " in den Bund einzubringen, womit er das Stichwort aus dem Prolog ( 317) zitiert. Er möchte die Erfahrungen der ganzen Menschheit in seinem " innern Selbst genießen " und mit seinem " Geist das Höchst` und Tiefste greifen". ( 1770ff.). So zeigt Fausts Verhalten sogleich nach der Unterschrift, daß Mephisto wenig Aussichten hat, die Bedingung zu erfüllen. Als wolle er das bestätigen, nimmt Mephisto das Weltbild des Prologs und seiner Selbstdarstellung wieder auf, daß " dieses Ganze nur für einen Gott gemacht " sei, der " in einem ew`gen Glanze " lebe, während die Dämonen " in die Finsternis gebracht " seien und der Mensch im Wechsel von " Tag und Nacht " existiere.(1780 ff.) Fausts Darlegung seines großartigen neuen Lebensplans geht am Ende wieder in ironisches Spiel über, als Mephisto ihn, da er alles Menschliche in sich vereinigen will, als Fiktion eines Poeten und " Herrn Mikrokosmus " bezeichnet. Fausts Streben, " der Menschheit Krone zu erringen " , hält er die nüchterne Wahrheit gegenüber : " Du bleibst doch immer was du bist ! " (1809) Und auf Fausts Frage, wie er aus der Welt des Nachdenkens herauskommen solle, antwortet Mephisto " Wir gehen eben fort " ( 1834 ). Er würde die Abschiedsvorstellung bei dem Studenten übernehmen, der eben geklopft habe. Faust solle sich inzwischen reisefertig machen. 2. Mephistos Mononlog In Fausts Gelehrtenkleid erneuert nun Mephisto seinen Plan, den er schon im Prolog verkündet hat. ( Wechsel des Anredepronomens ) " So hab` ich dich schon unbedingt - Ihm hat das Schicksal einen Geist gegeben, Der ungebändigt immer vorwärts dringt..." In der Wendung, dass Faust " doch zugrunde gehen " müßte auch wenn er sich nicht dem Teufel übergeben hätte ist ein vorsichtiger Hinweis darauf enthalten, dass beide Figuren enger zusammen gehören als die Handlung dies vermuten läßt, ja dass Mephisto sozusagen die Nachtseite Fausts darstellt. 3. Schülergespräch Zum Abschluss von Fausts Gelehrtenleben wird dieses von Mephisto im Gespräch mit einem Studienanfänger, der den Rat des berühmten Professors sucht, parodiert. Der Schritt wird in der Form der Gegenüberstellung der " grauen Theorie " mit " des Lebens goldenem Baum " ( 2038) genannt. Mephisto bemüht sich die Wissenschaft als trocken und lebensfremd, das Leben dagegen als erstrebenswert darzustellen. Die Reihenfolge der Fakultäten ist gegenüber dem Eingangsmonolog geändert : Die Medizin steht am Schluss, da mit ihr zum Leben der Sinnlichkeit übergeleitet werden soll. In der Philosophie verwendet Mephisto Fachausdrücke, um die Überlegenheit der Professoren zu wahren. Verhaltensregeln betreffen Pünktlichkeit, Vorbereitung und Mitschreiben. Gegen Ende hebt Mephisto noch die Besonderheit der Medizin heraus: Er stellt die Medizin nicht mehr als eine Wissenschaft dar, sondern als eine Kunst, in der man es zu etwas bringen kann, wenn man Selbstvertrauen hat. (2021) Der Rückverweis auf den Prolog ( 334/5) kündigt an, daß jetzt Mephistos Versuch beginnt, Faust auf den Weg des Nichts zu führen. 4. Aufbruch zum neuen Leben Faust setzt seine Frage fort : " Wohin soll es nun gehen " ? und Mephisto knüpft an seine damalige Antwort an : " Wohin es die gefällt. Wir sehen die kleine, dann die große Welt. " Damit ist das Programm im Hinblick auf die beiden Teile des Fausts angesagt. Im ersten Teil geht es um die kleine, bürgerliche im zweiten um die große, adelige Welt. Auf die Frage nach einem Reisefahrzeug nennt Mephisto den " Mantel ", nach dem Faust gerufen hatte, (1122 ) und beschreibt ihn als einen Heißluftballon ( 2069 ). ( Realisierung des alten Meschheitstraums vom Fliegen durch die Brüder Montgolfier im Jahre 1793 ) Gesamtaspekt Goethe hat mit Bedacht eine historische Figur gewählt . Seine Wahl fiel auf Doktor Faustus, weil Faust eine typische Figur an der Epochenschwelle von der mittelalterlichen Ordo-Welt zur Moderne ist. Faust ist der neuzeitliche Mensch, der voraussetzungslos, jenseits der alten Autoritäten, ganz auf sich gestellt nach dem sucht, was "die Welt im Innersten zusammenhält". Fausts Stationenweg bezeichnet unterschiedliche, immer wieder scheiternde Experimente, sich des Ganzen zu vergewissern. Dies gilt für die Gelehrtentragödie und die Gretchentragödie. Weder die Wissenschaft noch die Liebe oder die Magie verhelfen Faust zu seinem Ziel. Auch die Macht erweist sich als untauglich. All diese Experimente scheitern, weil Faust blind ist für die menschlichen Grenzen und sein Maß nicht kennt. So wie er [in Faust II] die Idylle um Philemon und Baucis zerstört, zerstört er auch sich selbst. Goethe verwirft nicht die in Faust demonstrierte Autonomie des Menschen, aber er zeigt an Fausts Scheitern, daß der autonome Mensch sich durch Entsagung und Verzicht in ein Ganzes eingliedern muss. Die Gelehrtentragödie besteht darin, daß die Möglichkeit einer Teilhabe an der Naturproduktivität einzig in deren Scheitern aufscheint. Seit Aristoteles wird die Zeit als "Zahl der Bewegung" begriffen und damit dem sinnlichen Erleben entzogen. Faust versucht dagegen. Kraft schöpferischer Autonomie eine substantielle Zeiterfahrung zu machen; doch er wird zurückgeworfen auf die Erkenntnis, daß sein Begriff von Autonomie lediglich dem eines Automaten gemäß ist . Schon der Prolog im Himmel weist darauf hin, dass Fausts Seelenkonflikt, das Hin- und Hergerissensein zwischen weltlicher Begierde und metaphysischer Sehnsucht im wesentlichen ein Konflikt zwischen zwei Formen der Zeiterfahrung ist. Da der Mensch sich "bald die unbedingte Ruh" (V. 341) liebt, das Anhaften am irdischen Dasein, gibt ihm Gott "den Gesellen zu" (V. 342), der ihn immer wieder zu neuer Bewegung, zum Fortschreiten anstachelt. Hierin bereits zeigt sich die ganze Ambivalenz der Situation Fausts: So wenig es Gott gefällt, dass der Mensch stehen bleibt, so teuflisch ist es, unbeständig zu sein und besinnungslos weiter zu eilen. Faust Streben hat demnach die Dialektik einer "Dauer im Wechsel" zu meistern [2]. Die Alchimie in Goethes Faust spielt eine zentrale Rolle in der dramatischen Konzeption und gilt nicht nur als bloßer Effekt. Hierbei handelt es sich um einen Beschwörer, der seine Seele an den Teufel verkauft und dabei einen Pakt mit Hilfe eines Bluttropfens schließt. Goethe offenbart in seinem Drama verschiedene Verwandlungsprozesse, die in der menschlichen Seele ablaufen und in Faust personifiziert sind. Diese Verwandlungen haben für den Gelehrten Faust dramatische Konsequenzen. Faust repräsentiert auch den nordeuropäischen Menschen, der nach Entwicklung und Fortschritt strebt, also von der Eingrenzung und scharfen Kritik der Reformationen im 16. Jahrhundert zum neuen Streben der Menschheit, welches Goethe sich herausbilden sah während der Ära der Aufklärung im 18. Jahrhundert. Der erste Teil der Tragödie beginnt mit Mephistopheles, der eine Wette mit Gott über Fausts Seele schließt. Faust kämpft lange um eine Erleuchtung, studiert verbissen und dürstet nach Wissen und Erkenntnis. Gott gibt an, daß Faust seinem "Plan" diene, und dass er wahrscheinlich zum Licht geführt werde, wobei er aber Mephistopheles die Freiheit gewährt, Faust auf den falschen Weg zu bringen. Im ersten Teil des Stücks wird Faust in den Pakt mit Mephisto einbezogen; er lässt sein Studierzimmer hinter sich, um in den Ablauf des Lebens einzutauchen. Sein überlegenes Streben nach Wissen und dem Studium der Philosophie, den Rechtswissenschaften, der Medizin, der Theologie und den Naturwissenschaften hat seine Erfahrung von menschlichen Gefühlen verdrängt. Als Mephistopheles Faust freie Hand über seine Emotionen gewährt, ist es nicht verwunderlich, dass diese in einer unreifen und nicht integrierten Form hervortreten. Diese zügellosen Emotionen Fausts führen schließlich zur Gelehrten- und Gretchentragödie, sowie zu dessen Selbstvernichtung. Es erscheint so, als ob Faust und Mephistopheles zwei Hälften der menschlichen Seele darstellen. Mephisto ist nicht der archetypische Teufel, sondern ein Teil Fausts, welcher durch das Eintauchen in Philosophie und Theologie unterdrückt wurde. Fausts frühe Versuche, die Erdgeister zu beschwören, schlagen fehl, da er es wagt, seinen Willen auf die elementaren Geister über sein Buch aufzuzwingen. Als Faust seinem unterdrückten Seelenteil (Mephisto) begegnet, bricht er seine wichtigen Arbeiten und Forschungen ab. Wenn Faust seiner alchimistischen Philosophie treu geblieben wäre, welche von seinem Lehrling Wagner fortgesetzt wird, so hätte sein Schicksal einen anderen Lauf genommen. Mephisto zieht Faust, den man als versagten Alchimisten betrachten kann, in eine wahre Gelehrtentragödie. |
Charakterisierung der Hauptpersonen
Im "Prolog im Himmel" unterhält sich Mephistopheles mit dem Herrn. Das Gespräch verdeutlicht, dass Mephistopheles zum "Gesinde" des Herrn gehört und somit ein Teil des göttlichen Systems ist. Im Verlauf der Unterhaltung wird Mephistos verachtende Haltung gegenüber der Menschheit deutlich, Mephisto sieht in Menschen triebgesteuerte Wesen tierischer Natur (Vers 285-292). Nachdem der Herr das Thema des Gesprächs auf seinen "Knecht" Faust lenkt, bietet Mephistopheles dem Herrn eine Wette an. Würde es Mephisto gelingen, Faust von ihm abzuwenden, so soll die Seele Fausts Mephisto gehören. Der Herr willigt auf die Wette ein und überlässt Faust somit Mephistopheles, da er weiß, dass Faust nicht vom dem von ihm vorherbestimmten Weg abzubringen ist. Aus dieser Wette entsteht die Handlung des eigentlichen Dramas, welches mit der "Gelehrtentragödie" beginnt.
Der Universalgelehrte Faust, welcher "Philosophie, Juristerei und Medizin, Und leider auch Theologie" studierte, Magister und Doktortitel errang (Vers 360), ist ein selbstüberzeugter Mann, da er denkt er sei "gescheiter als alle [...] Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen"
(Vers 366/7). Dr. Faust ist wahrscheinlich während der Handlung des Dramas über 50 Jahre alt aufgrund seiner zahlreichen Studiengänge und Titel, er hat keine großen Besitztümer und verfügt über einen extrem starken Wissensdrang. Er will wissen, "was die Welt Im Innersten zusammenhält" (Vers 382/3), und strebt somit nach heutigem Denken nach der Weltformel. Da die herkömmlichen Wissenschaften ihm keine Antwort auf seine Fragen geben konnten, will er sich "der Magie ergeben" (Vers 377) um so der Beschränktheit, die er in seinem Menschensein fühlt, zu entfliehen (Vers 392-397). Zuerst versucht Faust durch Betrachten des Zeichens des Makrokosmos neue Erkenntnisse zu erlangen. Dann beschwört Faust das Zeichen des Erdgeistes, um mit diesem in Kontakt zu treten. Doch der überhebliche, ehrgeizige und unzufriedene Faust, der rastlos nach Wissen strebt, stößt wieder einmal an die Grenzen seines Menschdaseins, als er vom Erdgeist zurückgewiesen wird (Vers 485). Der von sich selbst überzeugte Faust will die Zurückweisung nicht akzeptieren, da er denkt, er sei einer Gottheit ebenbürtig (Vers 614), er muss sich aber letztlich mit der Zurückweisung des Erdgeistes abfinden. Nachdem seine Versuche, höheres Wissen zu erlangen, fehlgeschlagen sind, sieht Faust im Selbstmord die letzte Möglichkeit, seinen Wissensdrang zu befriedigen. Doch als er das Gefäß mit Gift an den Mund setzt, wird er von den Kirchenglocken und dem Chorgesang der Engel von seinem Vorhaben abgebracht. Auf einem Spaziergang am Ostermorgen erfahren wir dann von Fausts Herkunft. Faust half als junger Mann seinem Vater, einem selbsternannten Arzt , vermeintliche Medizin zu brauen und sie Kranken zu geben, die meist daran gestorben sind (Vers 1022-1055). Faust scheint seine damaligen Taten zu bereuen und belächelt die bäuerliche Bevölkerung, weil sie nicht um die Verwerflichkeit seines Tuns weiß und ihn und seinen Vater für Ehrenmänner hält.
Auf dem Heimweg vom Spaziergang schleicht sich Mephisto in Gestalt eines schwarzen Pudels, der Mephistos animalische Seite zeigen soll, in Fausts Leben ein, indem er Faust bis in seine Kammer folgt. Nachdem Mephisto, ein Meister der Sinnestäuschung - mal ist er ein Pudel (Vers 1323), mal ein fahrender Scholastikus (Vers 1321/2) - sich in Fausts Studierzimmer zu erkennen gibt, schließen Faust und Mephisto einen Pakt. Inhalt des Paktes ist, dass Mephisto Dr. Faust auf Erden zu Diensten sein wird und Mephisto dafür Fausts Seele bekommt, wenn es Mephisto gelingen sollte, Fausts Wissensdrang und seine Genusssucht zu stillen. Fausts Einwilligung in den Pakt zeugt von seiner Skrupellosigkeit, da er noch nicht einmal davor zurückschreckt, mit dem Teufel, dem "Sohn der Hölle", dessen Element das Böse und die Zerstörung ist (Vers 1343/4), sich zu verbünden, um herauszufinden "was die Welt im Innersten zusammenhält". Beim Abschluss des Paktes, der zugleich eine Wette ist,
erkennen sowohl Faust als auch der Leser den Schmeichler, Betrüger und Lügner in Mephisto (Vers 1692-16926). Bevor die zwei ihre Reise in die Welt antreten und die "Gelehrtentragödie" beendet ist, fertigt Mephisto, verkleidet als Faust, einen jungen Studenten ab, indem er ihm rät, nicht zu studieren, sondern das tatsächliche Leben kennenzulernen. Mephistopheles wirkt auf den Leser in dieser Szene durchaus sympathisch aufgrund seiner sarkastischen, ironischen und humorvollen Art und seines Witzes, der ihn immer wieder charakterisiert, doch der Leser lernt auch die böse, gefährliche und zerstörende Seite des Mephistos kennen.
Die erste Reisestation von Faust und Mephisto ist "Auerbachs Keller", an welchem Faust keinen Gefallen findet. Dann schleppt Mephisto Faust in die "Hexenküche", wo Faust in einem Spiegel "Das schönste Bild von einem Weibe" erblickt und einen Verjüngungstrank erhält, der aus Faust bald einen verliebten Jüngling machen soll. Als Faust kurz darauf Gretchen kennenlernt, beginnt die "Gretchentragödie". Gretchen bzw. Margarethe ist ein kleinbürgerliches Mädchen und in Fausts Augen außerordentlich hübsch (Vers 2436). Faust verliebt sich in Gretchen und sie erwidert seine Liebe bedingungslos. Gretchen erscheint dem Leser als ein naives Mädchen, da Faust sie lenkt wie er will, sie hingegen scheint dies nicht zu merken und erwidert seine Liebe. Indem sie von ihren Pflichten in ihrer Familie (Vers 3109-3148) erzählt, spiegelt sich hier Gretchens sorgsame Seite wieder. Das Einzige, was das kirchenfromme Gretchen hinterfragt, ist Fausts Stellung zur Religion (Vers 3415), das zeigt die strenge Christin in ihr. Faust kann aber der so genannten "Gretchenfrage" ausweichen, dies zeigt zum einen wie sprachgewandt er ist und zum anderen, dass er kein strenggläubiger Christ ist. Um Gretchen zu verführen, schreckt Faust nicht davor zurück, sich Mephistos teuflischer Hilfe zu bedienen, z.B. gibt er Gretchen ein Schlafmittel für ihre Mutter mit, damit er sich mit Gretchen nachts treffen kann. Bei diesem Treffen wird Gretchen von Faust geschwängert und das Drama entwickelt sich tragisch. Valentin, Gretchens Bruder, stellt Faust zum Duell und kommt mit Mephistos Hilfe zu Tode. Aufgrund des Mordes an Valentin müssen Mephisto und Faust aus der Stadt fliehen und lassen das schwangere Gretchen im Stich. Während Faust von Mephisto in sein Reich der Lüste geführt wird, setzt sich Gretchens tragisches Schicksal fort: Ihre Mutter stirbt am Schlaftrunk, ihr Bruder wird im Duell getötet und das von Faust gezeugte Kind ertränkt sie.
Faust, der Gretchen in Mephistos Reich nicht vergessen kann, begibt sich mit Mephisto auf die Suche nach ihr. Als Faust Gretchen im Kerker findet, weil sie des Mordes an ihrem Kind angeklagt wird, versucht Faust das im Geist verwirrte Gretchen mit Mephistos Hilfe aus dem
Kerker zu befreien. Doch Gretchen möchte sich nicht mit Faust in die Fremde begeben und auf Mephisto, den sie verabscheut, angewiesen sein. Stattdessen vertraut sie sich dem "Gericht Gottes" (Vers 4605) an und ergibt sich ihrem Schicksal in der Hoffnung auf göttliche Gnade. Während Mephisto ruft "Sie ist gerichtet" und mit Faust verschwindet, erklingt aus der Höhe eine Stimme "Ist gerettet". Hiermit endet die Handlung von Goethes "Faust I".
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