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Mittelhochdeutsch

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Mittelhochdeutsch

Unter Mittelhochdeutsch versteht man das Deutsch in dem Zeitraum von etwa 1050 bis 1350. Nach traditioneller Auffassung lassen sich innerhalb der mhd. Periode noch das Frühmittelhochdeutsch (1050-1170), das klassische Mittelhochdeutsch (1170-1250) und das Spätmittelhochdeutsch (1250-1350) unterscheiden. Diese Gliederung gründet sich stärker auf sprachexterne Kriterien-vornehmlich auf literarhistorische. Aber auch grammatikalische, stil-und wortgeschichtliche Argumente sprechen für diese Ei 858c22i nteilung. Wenn man über das Mittelhochdeutsch spricht, betrachtet man hauptsächlich das klassische Mhd. Es ist die Sprache Hartmanns von Aue, Wolframs von Eschenbach, Gottfrieds von Strassburg, Walthers von der Vogelweide, des Minnesangs überhaupt.



Um das Jahr 1000 oder kurz danach bekommt das volkssprachige Textieren eine neue Qualität: der berühmte St. Gallener Mönch Notker III. mit dem Beinamen Labeo oder Teutonicus (etwa 950 bis 1022) drückt diese neue Qualität in einem Brief an den Bischof Hugo II. aus. Notker übersetzt vornehmlich Werke aus dem kirchlichen Bereich in die Volkssprache, weil diese schon allein dadurch ihren Eigenwert habe, dass sie das Verstehen ganz wesentlich erleichtere.

Dieser grundlegende Wandel in der Funktion der Volkssprache geht einher mit einem ebenso fundamentalen Wandel in der Reichsidee: Die Krönung Karls des Großen zum römischen Kaiser war eine renovatio imperii, also eine Erneuerung des römischen Reiches.

Das Nibelungenlied, ein Heldenepos, das in der heute gültigen Form zwischen ca. 1180 und 1210 entstanden ist, schildert den Hof der Burgunderkönige, an dem auch Kriemhild mit ihren drei königlichen Brüdern lebt. Das Epos spiegelt das Resultat eines historischen bzw. gesellschaftlichen Wandels wider. Hier erscheinen z.B. neue Beamten, die bis jetzt unbekannt waren. Die hochmittelalterliche Gesellschaft war streng hierarchisch gegliedert. Bei Freidank, einem gelehrten Dichter, der um 1230 eine Spruchsammlung unter dem Titel Bescheidenheit (d.h. Bescheidwissen), findet sich eine Dreigliederung der Gesellschaft, die an die drei Stände (Lehr-, Wehr- und Nährstand) der Antike erinnert. Derartige Formeln finden sich durch das ganze Mittelalter hindurch, manchmal auch differenzierter als bei Freidank.

Dies alles sind die sozialen Voraussetzungen dafür, dass sich an den Höfen eine spezielle Laienkultur entwickeln konnte. Während in den frühmittelhochdeutschen Epen noch Kleriker für ein Laienpublikum schrieben, äußert sich in den Werken der sogenannten höfischen Literatur ein ausgeprägtes laikales Selbstbewusstsein, das auch die Sprachform der Dichtungen geprägt hat: Es handelt sich um die höfische Dichtersprache. Diese Dichtersprache setzt sich mit Hartmann von Aue, Gottfried von Strassburg, Wolfram von Eschenbach, dem Nibelungen-Dichter, Heinrich von Morungen, Reinmar von Hagenau und Walther von der Vogelweide durch. Die Charakteristika der höfischen Dichtersprache erscheinen vor allem in drei Bereichen: im Wortschatz, im Stil und in den Reimen.

Wortschatz. Im Gregorius Hartmanns von Aue gibt es einen ritterlichen Verhaltenscodex, eine höfische Ideologie, die auch die Wortbedeutungen beeinflusst, wenn nicht gar geprägt hat. Dasselbe Wort kann verschiedene Bedeutungen haben: stoltheit hat in der Servatius-Legende Heinrichs von Veldeke die Bedeutung "Vermessenheit, Frevel", während in seiner Eneide das Wort im Sinne von "Tapferkeit, edles Wesen" gebraucht wird.

Die höfische Kultur Frankreichs war der in Deutschland weit voraus, und der niederländische Sprachraum, besonders Brabant und Flandern, waren die Vermittler französischer Kultur ins Deutsche. Deshalb kommen in der deutschen höfischen Literatur einige Entlehnungen aus dem Niederländischen vor (z.B. dörper, das auf frz. vilain zurückgeht). Weit zahlreicher sind die französischen Entlehnungen in deutschen höfischen Texten. Die meisten dieser Fremdwörter sind mit dem Ende der hochhöfischen Literatur wieder verschwunden, eine Reihe davon ist in den Alltagswortschatz übergangen: Abenteuer, Turnier, lanze, Panzer, Reim, Flöte, Stiefel, lampe, Teller, Preis, tanzen, prüfen, falsch, klar, fein. Daneben gelangen auch einige Wortbildungsmorpheme aus dem Französischen ins Deutsche: Das Suffix -ier (en) geht auf frz. -er/ier zurück (mhd. walopieren=galoppieren ← afrz. galoper)

Stil. Dem Einfluss der antiken Rhetorik ist es wohl zu danken, dass die deutsche Sprache vor allem durch die höfische Dichtung zur vollendeten Kunstsprache wurde. Die Autoren mussten ein hohes Maß an Bildung, welche damals zu einem großen Teil lateinische Bildung war, erworben haben, und auch das Publikum dieser Literatur muss imstande gewesen sein, diese Formkunst zu rezipieren.

Reimtechnik. Vor allem bei den höfischen Dichtern lässt sich beobachten, dass in den Reimen Formen gesucht werden, die nicht nur in ihrem eigenen Dialekt akzeptabel klingen, und solche vermieden werden, die Hörern aus anderen Dialekten unrein oder gar unakzeptabel vorkommen. Die hochdeutsche Literatursprache muss großes Prestige erreicht haben, so dass sich Autoren aus anderen Regionen für ihren abweichenden Reimgebrauch entschuldigen.


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