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Nach dem Terminkalender

Germana


Nach dem Terminkalender

24. Oktober 1941

Die Engländer haben im bisherigen Verlauf des Krieges nicht einen einzigen Sieg von Bedeutung aufzuweisen. Wo sie irgendwo in Europa oder anderswo mit unseren Soldaten zusammentrafen, da mußten sie, und zwar meistens nach kurzer Zeit, Fersengeld g 414s1823e eben und einen, wie sie sich angewöhnt haben zu sagen, glänzenden Rückzug antreten. Ihr militärisches Prestige ist so ziemlich dahin;



nicht nur bei den neutralen Völkern, auch sie selbst trauen sich nicht allzuviel mehr zu. Zwar stoßen sie hin und wieder noch ein unartikuliertes Kriegsgeschrei aus, schlagen laut und vernehmlich mit den Schwertern an ihre Schilde, ergehen sich in finsteren Drohungen, was sie morgen oder übermorgen für Heldentaten vollbringen wollen; aber das ist auch alles.

Als sie beispielsweise bei Beginn des Ostfeldzuges von der nahe bevorstehenden Invasion als der selbstverständlichsten Sache der Welt redeten, da wußte jeder Kenner, daß das nur Angabe war, daß sie sich lediglich ein publizistisches Alibi verschaffen wollten, weil ihr militärisches Renommee auf dem Nullpunkt stand. Ihre nationale Eitelkeit verbietet ihnen natürlich, das vor der Öffentlich­keit zuzugeben. Sie gönnen unserer Wehrmacht ihre Siege nicht. Sie können sie zwar durch ihre Redereien nicht aus der Welt schaffen, aber sie suchen wenigstens den Anschein zu erwecken, als seien sie ganz zwecklos und für die Erringung des Endsieges vollkommen unerheblich; außerdem kämen sie zu spät, und da sie von der deutschen Führung früher erwartet und geplant ge­wesen seien, wären sie in Wirklichkeit glatte Niederlagen.

Dieses Verfahren ist ebenso perfide wie albern. Wenn überhaupt in diesem Kriege von Siegen und gewonnenen Feldzügen die Rede ist, dann täten die Engländer gut daran, zu schweigen und in ihre Ecke zurückzukriechen. Statt dessen aber ergehen sie sich in lauten Prahlereien und Besserwissereien, kreiden uns wie Beckmesser dem jungen Walter Stolzing unsere angeblichen operativen und taktischen Fehler an, um dann am Ende eines siegreichen Feld­zuges den Ruf anzustimmen: "Versungen und vertan!"

Machen wir eine Million Gefangene, so behaupten sie, wir hätten eigentlich zwei Millionen machen wollen, unser Erfolg sei also in Wirklichkeit ein Mißerfolg. Nehmen wir eine Stadt am 15. Oktober, dann erklären sie, die Einnahme dieser Stadt sei eigentlich für den 10. Oktober geplant gewesen, der Führer habe sich also wieder einmal verrechnet und stände jetzt vor dem Scheitern seiner Projekte. Erobern wir Kiew, dann sagen sie mit dreister Unschuldsmiene, wir hätten eigentlich Leningrad erobern wollen und hätten nur Kiew genommen, um unser Volk zu beruhi­gen; es bestände für uns also gar kein Grund zu einer Sonder­meldung, im Gegenteil, nur Grund, unser Haupt zu verhüllen und zu weinen. 

Die Engländer rechnen uns den Krieg nach ihrem Termin­kalender vor. Sie spielen sich auf, als würden sie zu den geheimsten Besprechungen unserer militärischen und politischen Führung hinzugezogen, wüßten alles, nicht nur, was wir sagen, sondern auch was wir denken. Die Zumutung, die sie damit an die euro­päische Intelligenz stellen, ist eigentlich eine Beleidigung; denn die Engländer wissen gar nichts. Was sie über die Operationen im Osten berichten, ist lauter Kombination oder Schwindel, den sich ihre Presselümmel aus den schmutzigen Fingernägeln saugen. Vom Gang der politischen Dinge in Deutschland ganz zu schweigen. Sie bringen z. B. in ihrem deutschen Nachrichtendienst Klatsch­geschichten aus unserer politischen oder militärischen Führung;

der Fachmann sieht sofort, daß sie sich die materiellen Unterlagen zu diesen dreisten Lügen aus alten Adreßbüchern der Vorkriegs­zeit geholt haben, und es passiert ihnen manchmal, daß sie be­haupten, der oder jener habe sich dies oder jenes zuschulden kom­men lassen, während er in Wirklichkeit schon vor drei Jahren gestorben ist. Man hat schon so sein Kreuz mit ihnen. Sie sind so dumm, daß sie stinken. Man brauchte eigentlich auf ihren Schwin­del gar nicht einzugehen; er widerlegt sich selbst.

Man stelle sich einmal vor, die Engländer machten auf irgend­einem Kriegsschauplatz eine halbe Million Gefangene. Stopft euch Ohropax in die Ohren, denn das dann anhebende Geschrei bringt euer Trommelfell in Gefahr! Aber sie haben keinen auch nur annähernd gleichen Erfolg aufzuweisen, und darum nähren sie sich vom kargen Brot der Kritik. Sie gleichen dabei dem Hund, der den Mond anbellt.

Einer ihrer beliebtesten Tricks ist folgender: stößt die deutsche Wehrmacht in ungestümem Vormarsch vor, dann eilen sie flugs mit ihren Nachrichten den Tatsachen weit voraus. Das gibt zwar einen augenblicklichen Schock' in der britischen öffentlichen Meinung, bietet ihnen aber am anderen Tage die Möglichkeit, zu behaupten, daß unsere Soldaten die bereits erreichten Ziele wieder hätten auf- und dem Druck des Gegners hätten nachgeben müssen. Aus einem Sieg wird so eine Niederlage gemacht. Das ist genau das­selbe, wie wenn ich einem Bekannten mitteilen wollte, daß seine Mutter gestorben sei, um ihm nach einer Stunde eine Freude zu bereiten mit der Nachricht, daß sie nur die Grippe habe.

Wenn es nach den Engländern ginge, dann besäßen wir über­haupt keine Möglichkeit, den Krieg zu gewinnen. Unsere Erfolge sind die Grundlage unserer Niederlage, ihre Mißerfolge und Rück­züge die Grundlage ihres Sieges. Daß sie den Kontinent haben räumen müssen, ist für den weiteren Verlauf des Krieges ohne jede Bedeutung; daß wir am 15. Oktober nicht, wie angeblich

geplant, in Leningrad einziehen, das ist der eigentliche Grund dafür, daß wir nunmehr und endgültig den Krieg verloren haben.

Es ist zu blödsinnig. Die Schreibtischstrategen in London haben das Gehirn einer Kuh. Man kann mit ihnen überhaupt nicht polemisieren, weil sie einfach auf keine Argumente eingehen. Sie haben ja auch gar nichts vorzubringen. Es geht ihnen so gotts­erbärmlich schlecht, daß man es ihnen nicht einmal verübeln kann, wenn sie so reden und schreiben, wie sie es tun. Sie gleichen dem Eichhörnchen, das mühsam seine Nahrung sucht. Sie fühlen sich durch unsere Erfolge ständig gedemütigt und reagieren ihre Minderwertigkeitskomplexe mit dummdreisten Anzapfungen ab. Sie, die auf die weitere Entwicklung in Europa überhaupt keinen Einfluß mehr besitzen, haben sich, anstatt sich für sich einen Terminkalender anzulegen, einen solchen für uns angelegt, und nach dem müssen wir nun siegen, ob wir wollen oder nicht.

Das war schon bei Beginn des Krieges so. Im Winter 1939/40 erklärten sie, weil wir im Oktober vorher nicht den Sturm auf die Maginotlinie gewagt hätten, sei der Krieg für uns verloren. Als wir Norwegen ihrem geplanten Zugriff entrissen, meinten sie, nun seien unsere Fronten so verlängert, daß wir schon deshalb nicht mehr gewinnen könnten. Als der Balkan von ihnen reingefegt wurde, behaupteten sie, das hätte ein Jahr früher geschehen müssen; jetzt sei das vollkommen zwecklos und ohne jeden Einfluß auf den weiteren Verlauf des Krieges. Als wir die bolschewistische Bedrohung abschüttelten und die sowjetischen Stoßarmeen zer­trümmerten, verlangten sie von uns, daß wir Raum gewinnen soll­ten. Jetzt, wo wir Raum gewinnen, ist es wieder umgekehrt. Wir schlagen ihnen einen Festlandsdegen nach dem anderen aus der Hand; sie aber antworten darauf, die Zeit arbeite für sie.

Man beleidigt uns direkt mit der Zumutung, daß wir auf diese faden Einwände etwas erwidern sollen. Der Führer siegt nicht nach englischem, sondern nach seinem eigenen Plan. Wie es um den

bestellt ist, davon haben die Plutokraten in London nicht einmal eine blasse Vorstellung. Sie tappen vollkommen im Dunkeln. Wenn sie uns Termine setzen, dann geschieht das aus lauter Angst. Irgend etwas müssen sie ja ihrem schafsgeduldigen Publikum sagen. Sie können ja schlecht zugeben, daß sie sich in all ihren Hoffnungen und Illusionen getäuscht haben. Und im übrigen wird der Verlauf des Krieges nicht nach einem improvisierten englischen Terminkalender, sondern nach einem festliegenden deutschen Plan entschieden. Dabei haben die Engländer gar nichts mehr mit­zureden.

Das Verfahren, das sie heute uns gegenüber anzuwenden ver­suchen, ist uns bereits aus der Vergangenheit bekannt. Auch unsere innerpolitischen Gegner suchten uns früher immer auf Termine festzulegen. Als wir am 14. September 1930 mit 107 Man­daten in den Reichstag einzogen, schrieben sie, wenn wir jetzt nicht an die Macht kämen, dann überhaupt nie mehr. Als wenn uns unsere Wähler nur zu dem einen Zweck gewählt hätten, uns am 17. September 1930 in der Regierung zu sehen! Dasselbe wieder­holte sich im Sommer 1932, als wir 230 Mandate eroberten. Unsere damaligen Gegner kannten uns genau so schlecht wie heute die Engländer. Unsere Anhänger wählten uns, damit wir Deutschland durch eine Revolution erneuerten; wann und wie, das war für sie eine Frage zweiter Ordnung. Jedenfalls aber wollten sie nicht, daß wir ihr Mandat durch einen faulen Kompromiß entwerteten. So ist das auch heute. Unsere Soldaten werfen nicht ihre Flinten weg, weil die deutsche Wehrmacht nicht genau zum festgesetzten eng­lischen Datum in Leningrad einmarschiert, und für unser Volk ist die Frage, wie der Krieg zu Ende geht, ungleich viel wichtiger als die, wann er zu Ende geht. Auch können die Engländer durch eigenmächtig vorgenommene Terminfestsetzungen nicht unsere durch die Siege unserer Wehrmacht eroberten Machtpositionen in Europa aufheben, genau so wenig, wie früher unsere innerpoli-

tischen Gegner dadurch unsere 230 Mandate einfach wegdiskutieren konnten. Was sie schwätzen, ist unerheblich. Wichtig sind die Faustpfänder, die man in der Hand hat.

Und da allerdings sieht unsere Rechnung ungleich viel günstiger aus als die britische. Die Engländer bauen auf Wünsche, Hoff­nungen und Illusionen, wir ausschließlich auf Tatsachen. Unsere Prognose für die Zukunft ist eine durchaus realistische. Wir machen weder uns selbst noch unserem Volke etwas vor. Nach einer ganz nüchternen Überprüfung der Lage und der uns und unseren Gegnern verbleibenden Möglichkeiten müssen wir zu dem Er­gebnis kommen, daß der Sieg uns gewiß ist. Wann er uns in die Hand fallt, das weiß kein Mensch; aber daß wir ihn erringen wer­den, das wissen wir ganz genau. Dabei ist es vollkommen unerheb­lich, ob wir auch den von den Engländern aufgestellten Termin­kalender einhalten. Wir gewinnen den Krieg so, wie wir das ge­plant haben, und verlieren ihn nicht so, wie die Engländer uns das vorschreiben möchten. Noch bei jedem Feldzug erklärten sie am Anfang, daß das Hitlers schwerster Fehler sei. Wir finden durchaus nicht, daß es falsch war, zuerst Polen niederzuwerfen, dann einen Winter Pause zu machen, um tief Atem zu holen, dann die Eng­länder aus Norwegen zu verjagen, dann Frankreich zu erledigen und die Küste gegen Großbritannien zu gewinnen, dann den Südosten zu säubern, dann die militärische Offensivkraft der Sowjetunion niederzuschlagen, um damit den Rücken gegen England frei zu bekommen. Das dauert etwas länger, als sich das manche Phantasten vielleicht vorgestellt haben, ist dafür aber auch absolut sicher. Und sicher gehen müssen wir, da es sich ja, darüber haben uns unsere britischen Kritiker gottlob nicht im Zweifel gelassen, um das Schicksal und die Zukunft unseres Volkes handelt.

Die Engländer täten also gut daran, uns in Zukunft mit ihren Terminfestsetzungen und guten Ratschlägen zu verschonen. Wir haben keine Verwendung dafür. Wenn wir einmal irgendwann die

Absicht hätten, irgendwo einen glänzenden Rückzug anzutreten, dann würden wir uns wieder vertrauensvoll an sie wenden. Vorerst aber haben wir nur die Absicht, zu siegen. Und um uns da mit gutem Rat zur Seite zu stehen, dazu sind sie uns zu wenig fach­männisch vorgebildet; da verlassen wir uns schon lieber auf uns selbst.

Und was die Pläne des Führers anlangt, die erfahren die Herren Engländer immer erst, wenn sie erfüllt sind. Wir denken, früh genug, und, wie die Ereignisse bewiesen haben, für ihre Bedürf­nisse meistens viel zu früh.


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