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Qualm aus London

Germana


Qualm aus London

18. Januar 1942

In London wird wieder einmal Qualm gemacht. Das geschieht immer dann, wenn es der Plutokratenclique schlecht geht und Mr. Churchills Stellung leicht ins Wanken gerät. Für solche Fälle hat dieser Erzlügner ein probates Mittel zur Hand, ebenso primitiv wie wirkungsvoll, auf das das englische Publikum denn auch jedes­mal prompt hereinfällt. Mr. Churchill entwirft dem englischen Volk in rohen Umrissen das Kolossalgemälde einer nahe bevor­stehenden deutschen Revolution. Ist die Situation für ihn nicht allzu brenzlig, dann begnügt er sich mit einigen hingemurmelten Andeutungen, die ihm in solchen Fällen zu genügen scheinen. Ist aber Not am Mann und geht es ernsthaft um seine Position, dann versenkt er sich mit einer geradezu hingebungsvollen Fabulier­kunst in den Fall. Er bringt Namen, Daten, Einzelheiten und angebliche Tatsachen, als wenn er selbst dabei gewesen wäre, und zwar mit einer so verblüffenden Sicherheit, daß 18118f52s man sich manchmal an den Kopf greift, um resigniert festzustellen: wenn er nichts anderes kann, aufs Lügen versteht er sich.



Wir hatten geglaubt, daß das vollkommene Versagen der bri­tischen Kriegführung in Ostasien ihn unter Umständen den Kopf kosten würde. Es wäre vielleicht auch so weit gekommen, wenn er nicht schleunigst nach USA. retiriert wäre und dort ein Theater aufgeführt hätte, demnach man ihm in London unmöglich noch ein Bein stellen konnte. Aber der Scheinerfolg von Washington und Ottawa war nicht derart, daß er lange vorhalten konnte, und schon auf der Rückreise wurde der britische Premier von einer

Flut von Hiobsposten überschüttet, die sich im Laufe von nur wenigen Tagen bis zu einer nahen Bedrohung von Singapur ver­dichteten. Man muß sich die Wichtigkeit, aber auch die Zerbrech­lichkeit der englischen Position in Ostasien vor Augen halten, um zu wissen, was das für das britische Empire bedeutet. Mr. Churchill saß in seiner eigenen Schlinge.

Man kann sich vorstellen, wie verzweifelt er Kabel über Kabel nach London gejagt haben mag, um schließlich zu dem Ergebnis zu kommen, daß man der wachsenden Krise in der britischen Öffentlichkeit mit normalen Mitteln nicht mehr Herr werden würde. Wer in diesen Tagen die englische Presse las, konnte nur staunen über den frostig abweisenden Ton, mit dem hier das Churchill-Regime abgekanzelt wurde. Zum erstenmal hatte man den Eindruck, als wenn in London so etwas wie eine Empire-Dämmerung heraufstiege. Der britische Premier sah sich ge­zwungen, dem rasenden Zorn der Öffentlichkeit ein Opfer in der Gestalt seines Intimus und Busenfreundes Duff Cooper vorzu­werfen. Selten ist ein Politiker von Rang - und als solcher gilt doch der ehemalige englische Informationsminister wenigstens in London - mit einem so beleidigenden Kommuniqué in die Wüste geschickt worden wie hier. Aber selbst das genügte nicht. Und so blieb Mr. Churchill nichts anderes übrig, als wieder und noch einmal einen tiefen Griff in die Mottenkiste zu tun, um das ver­brauchteste Inventarstück aus der guten alten Zeit zum Vorschein zu bringen: die deutsche Revolution.

Er konnte sich diesmal nicht mit vagen Andeutungen begnügen;

er mußte angesichts der Schwere seines eigenen Falles schon zur Kleinmalerei greifen. Man kann aus der ganzen bornierten Unlogik seiner lügnerischen Behauptungen schließen, mit welcher Nervo­sität er dabei zu Werke ging. Bei der Wollsammlung fing es an. Dreist und frech fälschte seine Presse einfach die Ergebnisse und schwindelte, es seien nur etwas über vier Millionen Stück

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zusammengekommen, wahrend es in Wirklichkeit über 60 Millionen waren. Und wie diese vier Millionen erst gesammelt wurden! Die Polizei riß sie den Passanten auf der Straße buchstäblich vom Leibe, so daß diese nackt und bloß und fluchend und zitternd vor Kalte dem blanken Winter ausgesetzt waren. Ist es zu verwundern, daß daraufhin die Berliner Frauen sich zu Protestdemonstrationen zusammenrotteten, gegen den Abtransport ihrer ihnen vom Leibe gerissenen Pelz- und Wollsachen an die Front Einspruch erhoben, sich auf die Schienen legten und so das Ausfahren der Züge ver­hinderten ? Sonderbarerweise vergaßen sie dabei gänzlich, daß die ihnen entrissenen Pelz- und Wollsachen ja für ihre Männer und Söhne an der Ostfront bestimmt waren. Oder sie hegten vielleicht den Verdacht, daß der harte russische Winter nur eine Erfindung der Nazis sei, die mit dieser Sammlung gar keinen anderen Zweck verfolgten, als ihnen ihre Winterkleidung zu entwenden, um damit ihren eigenen Leib zu schmücken.

Das aber wieder brachte die Generale in Wallung. Empört über die angebliche Nazi-Niederlage an der Ostfront - diesmal also sind die Nazis ausnahmsweise für Mr. Churchill und seine Lügenpropagandisten im Gegensatz zu früher, wo sie nur zu Hause blieben, an der Front - beschlossen sie, dem Regime den Gnaden­stoß zu geben. Sie bildeten einen revolutionären Rat und faßten den Entschluß, die Nazis zu liquidieren, Japan im Stich zu lassen und sich der englisch-amerikanisch-bolschewistischen Front an­zuschließen. Da dann sowieso kein Gegner mehr übrig blieb, war damit der Krieg zu Ende. Immerhin mußten die Generale erwarten, daß die Nazis sich nicht so einfach sang- und klanglos abservieren ließen; und deshalb wurden im Berliner Regierungsviertel Kanonen und Maschinengewehre aufgefahren, und zwar zu dem Zweck, den dunklen Generalsplänen auch den nötigen Nachdruck zu verleihen.

So stehen die Dinge. Wir müssen also gewärtig sein, daß die

Sache morgen oder übermorgen losgeht, und das englische Publi­kum hat die beruhigende Gewißheit, daß ein Verlust von Hongkong und in absehbarer Zeit vielleicht auch noch von Singapur gar keine Gefahr für das britische Empire in sich schließt. Denn gerade diese Tatsachen haben das deutsche Volk auf den ja so naheliegen­den Gedanken gebracht, sich von Japan gerade wegen seiner Er­folge gegen England brüsk abzuwenden und zu den Churchill und Roosevelt überzulaufen.

Wenn man sich die Dinge bei Licht besieht, so könnte man auf den Gedanken kommen, es handele sich hier um Phantasien aus dem Tollhaus. Vielleicht nimmt uns auch der eine oder der andere in den Verdacht, wir übertrieben. Beides ist unzutreffend. Was wir hier zitieren, das haben die englischen Zeitungen und Rund­funksender in den letzten drei Wochen wortwörtlich so gebracht, und mehr noch dazu. Wir hatten also gar keinen Grund, etwas hinzuzufügen. Wir haben es zuerst auch für unter unserer Würde gehalten, darauf zu antworten, bis wir dann in nord- und südameri­kanischen Zeitungen unter großen Schlagzeilen lasen, daß die Revolution in Berlin mittlerweile ausgebrochen sei, daß die Polizei nicht mehr Herr der Lage wäre, daß das Reich wieder einmal wie 1918 seine schwache Stunde erlebe und der Sieg der englisch­amerikanisch-bolschewistischen Front nur noch eine Sache von Tagen sein könne.

Mr. Churchill hat es leicht. Er regiert ein Volk, dem man, nach diesen jüngsten Erfahrungen wenigstens zu schließen, alles zu­muten kann. Aber wir haben doch den Eindruck, daß mit längerer Dauer des Krieges die Fristen, in denen ein so haariger Schwindel wirkt, immer kürzer werden. Wir glauben auch nicht mehr daran, daß er die Absicht hat, mit seinen Lügenkampagnen irgendeinen Eindruck auf das deutsche Volk zu machen. Wenn sein fortgesetzter Alkoholmißbrauch ihm überhaupt noch die Nutzung seines Ver­standes erlaubt, dann muß er diese Hoffnung längst aufgegeben

haben. Wir fühlen uns auch nicht bemüßigt, seine Lügen vor der deutschen Nation zu dementieren oder gar zu widerlegen. Sollen wir etwa erklären, daß wir den deutschen Bürgern nicht die Woll- und Pelzsachen für die Front vom Leibe gerissen haben? In Deutschland weiß doch jedermann, daß sie das für unsere Sol­daten selber gemacht haben. Sollen wir Fotos von der Wilhelm­straße bringen, die beweisen, daß dort keine Kanonen gegen das Volk, sondern nur Flakgeschütze gegen britische Luftangriffe zu sehen sind? Sollen wir den unseren Generalen unterschobenen hinterhältigen Plan eines Verrats an Japan dementieren? Es ist zu dumm. Man kann doch unmöglich von uns verlangen, daß wir ernsthaft reagieren, wenn Mr. Churchill zur Wiederbefestigung seiner wankenden Position Ammenmärchen erfindet. Die sind doch nur für den englischen Hausgebrauch bestimmt.

Das hätte nebenbei bemerkt auch gar keinen Zweck. Wir rühmen uns mitnichten einer prophetischen Sehergabe, ja wir gebrauchen nur einen Bruchteil unseres Verstandes dazu, um vorauszusagen, was Radio London morgen auf diese unsere Auslassungen ant­worten wird. Wir kennen das ja von zahllosen Beispielen aus der Vergangenheit her. Schweigen wir, dann sieht man in London darin einen Beweis für die Richtigkeit der englischen Lügen;

dementieren wir, dann erklärt man drüben, es müsse schon etwas Wahres an der Sache sein, sonst würden wir doch nicht dementie­ren. Was also sollen wir tun, um Mr. Churchill zu überführen? Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als ihn durch den gesunden Menschenverstand widerlegen zu lassen und durch Tatsachen, die überzeugend wirken.

Und eine solche Tatsache hat das deutsche Volk in der Heimat wieder einmal geschaffen. Sie ist ganz eindeutig und klar und auch für die britische Lügenpropaganda unbestreitbar. Die deutsche Nation ist dem Ruf des Führers zur Sammlung von Woll- und Wintersachen für die Ostfront in einem Umfange gefolgt, der selbst

uns, die wir die nationale Solidarität unseres Volkes immer sehr hoch eingeschätzt haben, beschämt hat. Wenn es überhaupt noch eines Beweises für die zur Tat gewordene Gemeinschaft unseres Volkes bedurft hätte, hier ist er erbracht. Damit sind die Bürger und Bürgerinnen unseres Landes über die Faseleien der britischen Lügenpropaganda zur Tagesordnung übergegangen und haben ihnen die Antwort gegeben, die sie allein verdienen: schweigende Verachtung.

Und über den materiellen Erfolg dieser Aktion der nationalen Solidarität reicht der ideelle Erfolg einer solchen Gemeinschaftstat noch weit hinaus. Sie ist ein Politikum erster Klasse und wirkt als solches auch auf das neutrale und sogar auf das feindliche Ausland. Wenn die Engländer heute die Zahlen dieser Sammlung falschen und nicht einmal ein Zehntel des dabei erzielten Erfolges wahr­haben wollen, so kann das deutsche Volk daran ersehen, was sie sich dabei erwartet hatten. Sie haben sich wieder einmal gründlichst getäuscht. Wir alle haben ihnen einen Schlag ins Gesicht versetzt, den sie so bald nicht wieder vergessen werden.

Das ist gut so, und so soll es auch bleiben. Es tat sich hier eine Gesinnung kund, von der man nur hoffen kann, daß sie uns während des ganzen Krieges, ja, für immer erhalten bleiben möge. Dann sind wir unschlagbar, und eine große nationale Zukunft ist uns gewiß. Im Völkerleben gibt es Stunden, in denen die Nationen sich bewähren müssen. In ihnen haben sie zu beweisen, ob sie das moralische Recht besitzen, unter den anderen Völkern eine führende Rolle zu spielen. Solche Stunden erleben wir heute. Die deutsche Nation hat sie erkannt und erfaßt. Unser Volk ist bereit und gewillt, sie zu nutzen.

Daran kann auch Mr. Churchill mit seiner verkommenen Pluto­kratenclique nichts mehr ändern. Er ist zwar in der Lage, uns Ärger und Verdruß zu bereiten, dem deutschen Volke auf seinem Marsch in die Zukunft Hindernisse in den Weg zu legen und es vielleicht

auch zeitweilig etwas aus der Bahn herauszudrängen. Aber das ändert nichts an der Tatsache, daß dieser Krieg unsere große Chance ist und daß wir sie nicht ungenutzt verstreichen lassen wollen.

Möge unser Volk immer so bleiben, wie es sich hier bewährt hat, möge es sich seinen Idealismus, seine Hingabebereitschaft, seine Gemeinschaftsgesinnung und seine nationale Solidarität für alle Zukunft in dieser Stärke bewahren; dann kann uns kein Übel geschehen.

Mr. Churchill ist dann nur in der Lage, Qualm zu machen. Aber über den Nebelschwaden seiner Phrasen und Lügen wird doch eines Tages unsere Sonne aufgeben.


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